Chronist der Geschichte vom welschen Dorf Pfarrer Friedrich Illert erinnert an vergangenes Neu-Isenburg

Das Grab des Isenburger Chronisten und Pfarrers Friedrich Illert auf dem Alten Friedhof. Foto: p/Stadt Neu-Isenburg

Neu-Isenburg (red) – Neu-Isenburg hat eine lange Geschichte von Immigration und Integration. Am 24. Juli 1699 wurde die Stadt von französisch-reformierten Flüchtlingen gegründet. Die Geschichte vom welschen Dorf (1699), einem Zufluchtsort für Hugenotten, zur Boomtown ist auch eine Erfolgsgeschichte der Zuwanderung:

„Wir sollten uns auch auf die Chancen der Migration besinnen. Die Vielfalt einer Gesellschaft fördert neue Ideen, neue Erfahrungen und Innovationen“, sagt Bürgermeister Herbert Hunkel. Pfarrer Friedrich Illert (14. Juni 1854 - 20. August 1921) ist es zu verdanken, dass die Anfänge der Stadt nicht in Vergessenheit gerieten.

Als einer der ersten Chronisten fasste er die Gründungsgeschichte in seinem Buch „Geschichte der französischen Colonie und Stadt Neu-Isenburg“ zusammen, das anlässlich der 200-Jahr-Feier im Jubiläumsjahr 1899 erschien. Dieses Standardwerk wurde 1992 auf Anregung des Bürgermeisters Robert Maier unverändert nachgedruckt. Darin enthalten sind die Namen und Kurzbiographien aller Gründungsväter, die Pfarrer Illert von einem „Actenstück, datiert Offenbach den 24. Juli 1699“ abschrieb und das heute als verschollen gilt. Durch die Eidesleistung auf der gräflichen Kanzlei in der Residenz Offenbach wuchs der Untertanenverband der kleinen Grafschaft des Grafen Johann Philipp sprunghaft um 107 Personen an. Denn zu den 30 Haushaltsvorständen der Siedlungswilligen, die den Eid ablegten, gehörten auch Frauen und Kinder. Fast die Hälfte der Neubürger waren Kinder. 13 von ihnen stammten aus dem Delphinat, der alten Bezeichnung für die ehemalige französische Provinz Dauphiné.

Illert nennt noch weitere neun Namen, die nicht bei der Eidesleistung anwesend waren, aber zu den Gründern zählen, darunter drei Frauen, die offenbar Anwärter oder Interessenten auf Siedlungsplätze gewesen sein könnten.

Es sind vor allem die Kurzbiographien der Siedler, die Schlüsse über ihre Herkunft, ihre Fluchtroute und -gründe zulassen. Nach der Widerrufung des Edikts von Nantes am 18.10.1685 durch König Ludwig XIV (Edikt von Fontainebleau) kam es zu einer Massenflucht der Hugenotten. Wer nicht zum Katholizismus konvertierte, wurde Repressionen ausgesetzt, im schlimmsten Falle geplündert oder misshandelt. Fast alle Isenburger Stadtgründer suchten ein Zwischen-Asyl in den calvinistischen Kantonen der Schweiz, bis sie mit einem geschlossenen Transport in das Ysenburger Land kamen. Im Durchschnitt waren sie elf Jahre auf der Flucht. In vielen Ländern, in die die Hugenotten auswanderten, sorgten sie für eine Blüte der Wirtschaft, besonders der Landwirtschaft. Und so finden sich auch unter den 30 Gründern elf „Ackersmänner“. Im Laufe der Jahre wanderten viele Fachkräfte aus den unterschiedlichsten Handwerksberufen weiter zu. Am 3. Juni 1700 war die kleine Gemeinde bereits auf 72 Familien gewachsen und sieben Familien, die noch eine Ansiedlung suchten. Die heimische Wirtschaft profitierte von der gesellschaftlichen Zuwanderung. „Auch hier sehen wir zu heute Parallelen“, sagt Hunkel, „viele Migranten sind hoch motiviert und bereit etwas zu wagen und neu anzufangen. “

Graf Johann Philipp sicherte in den Gründungsprivilegien den Hugenotten Schutz, den freien Gebrauch der französischen Sprache und Religionsfreiheit zu. Außerdem waren sie von den Abgaben befreit. Pfarrer Friedrich Illert ist eine wichtige Persönlichkeit der Isenburger Geschichte. Sein Ehrengrab befindet sich auf dem Alten Friedhof in Neu-Isenburg, den er 1905 mit dem damaligen Bürgermeister Pons selbst einweihte. Die Schrift des Grabsteins wurde im Jahr 2015 erneuert. Pfarrer Illert war ab 1895 bis in die Zeit der Weimarer Republik langjähriger Pfarrer der Reformierten Gemeinde Am Marktplatz und einer der bedeutendsten frühen Chronisten Neu-Isenburgs. Als besonderer Kenner der Ortsgeschichte schrieb er Texte für historische Theateraufführungen, hielt Festtagsreden und beriet die Gemeindevertreter bei der Ausgestaltung von Feierlichkeiten.