Prüfungen für Atemschutzgeräteträger bei der Freiwilligen Feuerwehr Wenn der Sauerstoff knapp wird

Ausbilder Thomas Stribrny überwacht die Leistung auf der Mini-Rolltreffe, die einen Treppenaufstieg in den zehnten Stock simulieren soll. Foto: lfp

Neu-Isenburg (lfp) – Thomas Stribrny nimmt seine drei Feuerwehrkameraden an die Hand und führt sie zu einer improvisierten Tür in einer Gerätehalle. Zuvor hat der Ausbilder für Atemschutz bei der Freiwilligen Feuerwehr Neu-Isenburg eine Spezialscheibe über dem Sehfeld seiner Kameraden an den Helmen befestigt, sodass sie alles nur ganz verschwommen, neblig und zudem ziemlich düster wahrnehmen können. Deshalb werden sie auch geführt. „Das sieht nach Kindergartenausflug aus, aber die sehen wirklich kaum was“, beschreibt Stribrny die noch verbliebenen optischen Wahrnehmungen. „Jetzt sind wir an der Tür, ab hier geht es jetzt meist in der niedrigsten Gangart weiter“, gibt der Ausbilder seinen Kameraden Stephan Knierim, Hans-Jürgen Poths und Thomas Bernhard mit auf den Weg.

Was nun folgt, ist eine der Realität ziemlich nahekommende Kontrollsuche, nach Personen, Tieren aber auch Brandherden. „Es gibt bei dieser Brandschutzstrecke nur kein Feuer, Rauch und auch keine Hitze – aber das ist auch so schon eine besondere Herausforderung“, weiß Thomas Stribrny aus eigener Erfahrung. Um Ausbilder in Sachen Atemschutz zu werden, musste auch er solche Prüfungen durchlaufen. Die drei Kameraden in voller Atemschutzausrüstung dringen in das Durcheinander eines Raumes vor. Es poltert, dann werden Fässer beiseitegeschoben – und plötzlich stoßen sie, immer noch kriechend, auf einen Container. „Da müsst ihr rein und alles genau absuchen“, so die Anweisung des Ausbilders, der hin und wieder auf die Uhr schaut. Es gibt zwar keine Zeitvorgabe, doch wenn der Durchlauf zu lange dauert, wird der Sauerstoff knapp – und die Prüfung ist nicht bestanden.

Glücklicherweise liegt eine kleine Leiter herum, die der Trupp-Anführer ertastet hat. Wie hoch der Container ist, kann er nicht abschätzen, also heißt es: probieren. Hans-Jürgen Poths legt die Leiter an, doch diese rutscht auf dem glatten Boden ständig weg. „Einer muss die Leiter sichern, dann können die anderen hochklettern“, hilft Thomas Stribrny etwas weiter. Der Ablauf zeigt, wie beschwerlich es ist, ohne Sicht eine Leiter hinaufzusteigen und abzuschätzen, wie tief es auf der anderen Seite hinunter geht. Es poltert ein wenig, dann haben es alle geschafft. Wie gut, dass die Einsatzkleidung auch vor körperlichen Blessuren schützt. Auf den Knien geht es im engen Container weiter, doch plötzlich stockt alles. Der Frontmann hat sich mit dem Sauerstoffbehälter auf seinem Rücken in einem der Seile verfangen. Eine prekäre Situation, denn er kann sich nicht alleine befreien. „Hier ist Teamarbeit gefragt und es zeigt sich, ob die Kommunikation funktioniert“, erklärt Stribrny – ohne jedoch einzugreifen. Nach langen drei Minuten ist das Weiterkommen wieder möglich.

Man hört förmlich den schweren Atem der drei Feuerwehrkameraden und es stehen ihnen Schweißperlen auf der Stirn. Ein Klaps auf den Helm bestätigt die erfolgreiche Bewältigung dieser Stresssituation. Nach einer Umrundung eines Flüssigkeitsbehälters auf der Ladefläche eines Lastwagens sind die Drei wieder an der „frischen Luft“. Doch können sie diese nur kurz genießen. „Jetzt noch hier unten weiter, dann durch den Reifen und bis dort hinten hin“, erklärt Thomas Stribrny den weiteren Streckenverlauf. Plötzlich gibt ein Atemschutzgerät einen hellen Dauerton ab. Es ist das Alarmzeichen, dass der Sauerstoffpegel in der Flasche von Stephan Knierim einen kritischen Stand erreicht hat. „Das reicht noch für maximal sieben Minuten – im Ernstfall müsste man überlegen ob man die Suche abbricht“, erklärt der Ausbilder. Als alle Drei am Ende des mit vielen Hindernissen gespickten Parcours sind, piepsen alle Atemschutzgeräte. „Ja, das war eine sehr anspruchsvolle Prüfung, aber alle haben es gepackt – sie können stolz auf sich sein und wir sind es auch“, sagt Thomas Stribrny.

Bevor es in die selbst angelegte Atemschutzstrecke ging, mussten die drei Kameraden einen Fitnesstest bestreiten: auf einer Mini-Rolltreppe bis in den zehnten Stock eines Hochhauses steigen und auf dem Laufband 300 Meter im strammen Marsch zurücklegen – alles mit voller Atemschutzausrüstung. „Normalerweise werden diese Prüfungen für Atemschutzgeräteträger zentral im Feuerwehrstützpunkt in Ober-Roden durchgeführt, doch die Corona-Auflagen erlauben dies nicht. Da aber jeder Atemschutzgeräteträger einmal im Jahr eine solche Prüfung ablegen muss, werden diese nun an jeder Feuerwehr-Station selbstständig durchgeführt“, erklärt Thomas Stribrny. Die Einsatzabteilung der Freiwilligen Feuerwehr Neu-Isenburg hat, Zeppelin eingeschlossen, rund 80 Atemschutzgeräteträger. Den Rückweg zur Dusche konnten Stephan Knierim, Thomas Bernhard und Hans-Jürgen Poths dann wieder ohne Händchenhalten zurücklegen.