Bauprojekt würdigt auch Box-Legende Servicewohnen mit Blickfang

Isenburgs Innenstadt hat einen neuen Hingucker: Auf einer Wand des Horst-Louis-Gauß-Hauses an der Wilhelmstraße prangt ein riesiges Bild. Das Neubauprojekt bietet bald Servicewohnen unter anderem für Senioren. Foto: postl

Neu-Isenburg – Ein riesiges Wandbild sorgt seit vergangener Woche für Aufsehen in der Wilhelmstraße. Das kunterbunte XXL-Graffito ist ein besonderer Blickfang an der Hauswand eines besonderen Neubauprojekts namens „Quartier Érable“ – angeboten wird Servicewohnen vor allem für Senioren und Menschen mit Behinderung. Das Bild ist vor allem aber auch eine Würdigung für denjenigen, der dort bei Nummer 20 jahrzehntelang gewohnt hat: Isenburgs Boxsport-Legende Horst Gauß. Denn der Mann hinter dem Neubauprojekt, der Dreieicher Unternehmer Özgür Kazan, kennt Gauß von Kind an und hat als Jugendlicher bei ihm trainiert.

Später änderte sich Kazans Leben radikal: Seit einem Unfall vor 22 Jahren ist der heute 44-Jährige an den Rollstuhl gefesselt. „Ich kenne das Leben sowohl als Fußgänger als auch als Rollstuhlfahrer“, sagt er. „Aufgrund meiner eigenen Situation kann ich mich sehr gut in die Lage von Menschen mit Assistenzbedarf hineinversetzen und weiß, welche Bedürfnisse sie haben.“ Ein Pflegeheim sei zu keiner Zeit eine ernsthafte Option für ihn gewesen. Deshalb baue er nun Häuser, die eine Lebensalternative zum Altenheim bieten. Schon sein erstes Projekt, ein Zehn-Parteien-Haus in Dreieich, habe er behindertengerecht und barrierefrei gebaut, erzählt der Projektentwickler der Dreieicher AHKI-Group.

Zum Zustandekommen seines ersten Isenburger Projekts trug dann auch der Zufall seinen Teil bei: Özgür Kazan und Horst Gauß trafen sich wieder, sie kamen ins Gespräch. Dabei erzählte der bekannte Boxsportler, dass die Unterhaltung seines Hauses immer beschwerlicher werde und eine Veränderung her müsse. Der Dreieicher bot seinem früheren Trainer zunächst an, ihm einen Aufzug ins Haus zu bauen.

Doch Gauß habe sich verkleinern wollen und sich für den Verkauf seines Wohnhauses entschieden – in dem Wissen, in Kazan einen Käufer gefunden zu haben, der in der Wilhelmstraße in seinem Sinne nach dem Abriss Neues schafft. „Ich war sofort begeistert von seinem Konzept“, wird der Isenburger auf der zum Projekt gehörigen Homepage zitiert. Nun entsteht auf seinem ehemaligen Grundstück das „Horst-Louis-Gauß-Haus“ – so hat Kazan es genannt und dann auch noch den bekannten Graffiti-Künstler Justus Becker für die XXL-Wanddeko angeheuert. „Das wird dein Denkmal, habe ich zu Horst gesagt“, erzählt der 44-Jährige. „Horst Gauß war über 40 Jahre Boxtrainer und hat immer allen geholfen, hat Boxern Arbeit besorgt oder Leute von der Straße geholt, er ist einfach ein sehr guter Mensch“, betont Kazan.

Nach einigen Verzögerungen – auch bedingt durch Corona, wie Kazan sagt – ist der Neubau an der Wilhelmstraße nun auf der Zielgeraden. „Wir wollen jetzt in die Vermietung gehen“, sagt der Bauherr. Angeboten werden sechs Wohneinheiten. „Der Grundgedanke ist, dass jeder in seinen eigenen vier Wänden leben kann und den Alltag mehr oder weniger alleine beziehungsweise im Hausverbund oder der Wohngemeinschaft organisiert“, erläutert Kazan. Das ganze Haus werde barrierefrei sein und die Möglichkeit medizinischer, pflegerischer und hauswirtschaftlicher Versorgung bieten. Weitere Informationen gibt es unter quartier-erable.de

VON BARBARA HOVEN

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