Schüler der Goetheschule eröffnen Auschwitz-Ausstellung/ Fortsetzung auf Seite 3 Eine stetige Mahnung für die Gegenwart

Neu-Isenburg, Goetheschule, Holocaust. Bürgermeister Herbert Hunkel begleitete die Schülerinnen Duygu Kocán (li.)m joanne Herzog (2.v.li.) und Selam Rezene auf der Studienfahrt nach Ausschwitz - hier betrachten sie die Dokumentation.

Neu-Isenburg (lfp) – Schon allein die Bilder und die Dokumentation über das Lager Birkenau, noch mehr jedoch über das Vernichtungslager Auschwitz, die derzeit im Foyer des Rathauses Neu-Isenburg hängen sind fast schon unglaublich. Und dennoch ist das Gezeigte wahr. Nur was man mit eigenen Augen gesehen hat, kann man beurteilen - so lautet eine bewährte Erkenntnis. Um das wahre Ausmaß der Vernichtung von Millionen Menschen im Verlauf der Naziherrschaft auch glauben zu können, sollte man deren Tatorte besuchen.

Mit dieser Intension gehen die Pädagogen Barbara Krause und Matthias Köberle an die für die Schüler wichtige Auseinandersetzung mit der NS-Diktatur heran.

Unter dem Leitgedanken „Erinnern und Gedenken“ wird durch außerschulische Projekte versucht, die in den verschiedenen Fächern erworbenen Kenntnisse über die nationalsozialistische Vergangenheit zu vertiefen - und damit für die heute wieder aufkeimende Problematik von Ausgrenzung und Verfolgung zu sensibilisieren.

So erinnert alljährlich am 27. Januar, dem Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus, einen zentrale Durchsage , gefolgt von einer Schweigeminute, an der Goetheschule Neu-Isenburg an die Befreiung des Konzentrationslagers Ausschwitz. Der Besuch der Gedenkstätte in Hadamar im Jahrgang neun konfrontiert die Schüler erstmals direkt mit den menschenverachtenden Methoden der „Vernichtungspsychiatrie“.

In der Oberstufe erfolgt ein Lehrausflug in das ehemalige Konzentrationslager Buchenwald, der durch einen Besuch in Weimar ergänzt wird.

Gefragt wird hier nach möglichen Kontinuitäten und Brüchen in der deutschen Geistesgeschichte und politischen Geschichte.

Dieser Thematik haben sich die engagierten Pädagogen Barbara Krause und Matthias Köberle besonders angenommen.

In der AG „Erinnern und Gedenken“ können sich interessierte Schüler auf freiwilliger Basis weiter mit der Thematik der Gewaltherrschaft der Nazizeit auseinandersetzen. Durch eine Kontaktaufnahme mit Neu-Isenburg Bürgermeister Herbert Hunkel entstand ein Kooperationsprojekt zwischen der Stadt Neu-Isenburg und der Goetheschule, die zwei Gedenkstättenfahrten nach Ausschwitz ermöglichen - beide wurden von Herbert Hunkel persönlich begleitet.

„Es ist mir ein ganz besonderes Anliegen gerade an der Aufarbeitung dieser unschönen Vergangenheit interessierte junge Menschen für ein aktives Mitgestalten der Zukunft - die ja ihre ist - zu gewinnen“, begründet Hunkel sein besonderes Engagement.

Die Ergebnisse der ersten Gedenkstättenfahrt wurden bereits im Rahmen einer umfangreichen Dokumentation, die in der Stadtbibliothek zu sehen war, gezeigt.

Die Erkenntnisse der Schüler, der mittlerweile erfolgten zweiten Gedenkstättenfahrt nach Birkenau und Auschwitz, hat die ganz persönliche Sichtweise zum Inhalt.

Neben der bereits gezeigten Dokumentation gab es zur Eröffnung der Ausstellung, am Montagabend im Foyer des Rathauses Neu-Isenburg, nicht nur Lesungen aus dokumentierten Schilderungen, sondern ganz persönlich verfasste Eindrücke der beteiligten Schüler.

„Was wir derzeit wieder in unserer Republik erleben, gibt Anlass zur Sorgen, da kommt eine solche Ausstellung gerade recht um auf die Geschehnisse von damals hinzuweisen“, betonte Bürgermeister Herbert Hunkel.

Die Pädagogin Barbara Krause dankte der Stadt Neu-Isenburg für die Unterstützung, denn nur so sei eine solch intensive und direkte Beschäftigung mit dieser schwierigen Thematik möglich gewesen.

Matthias Köberle verwies insbesondere auf die gewonnen Eindrücke aus Schülersicht, die auch eine Besorgnis der Jugend über ihre eigene Zukunft zum Ausdruck bringe.

„Im Rahmen des Unterrichts hatten wir schon mehrfach über den Zweiten Weltkrieg, die Verfolgung und Vernichtung von bestimmten Volksgruppen, thematisiert. Doch was wirklich vorgefallen ist, wie grausam und unmenschlich es wirklich war, kann man nicht im Unterricht lernen. Das kann man nicht einmal durch einen Besuch vor Ort wirklich erfassen, denke ich. Ich war erst einmal erschlagen, von alle dem, was ich im Stammlager zu Gesicht bekam. Nicht die dort gezeigte Ausstellung alleine, nicht die tausend Fakten über all die ermordeten Menschen, sondern die Vorstellung, dass all dies wahr ist, haben bei mir Eindrücke hinterlassen, die ich ein Leben lang nie mehr vergessen werde - ja nicht mehr vergessen kann“, berichtete eine Schülerin.

„Das war mein zweites Mal in Auschwitz, das erste Mal im Winter. Ich war schockiert wie kalt es war. Ich trug viele Schichten von Klamotten und hab immer noch gezittert. Während man über das riesige Gelände des Lagers lief und die Kälte wieder durchkam, dachte ich an all die armen Menschen, die bei noch kälteren Temperaturen mit viel weniger Klamotten arbeiten mussten. Knochenarbeit auf die oft der Tod folgt. Ich war einfach so schockiert und die Vorstellung ließ einen noch mehr zittern“, berichtete Natascha Ilic.

„Heute ist der Ort Auschwitz still und man läuft mit einem beklemmenden Gefühl durch das riesige Lager, denn es ist unvorstellbar was dort geschehen ist - und es ist noch gar nicht so lange her. Ich finde es wichtig, diesen Ort mal gesehen zu haben, damit man sich immer wieder daran erinnert, dass so etwas nie mehr geschehen darf“, so eine andere Schülerin.

Luca Wirthman war nicht minder beeindruckt und berichtet, dass er und weitere Teilnehmer nach dem Besuch von Auschwitz in der Schule herumgelaufen sein und von diesem unglaublich grausamen Ort erzählt habe.

„Man muss es einfach gesehen haben, um es glauben zu können“, so der Tenor der beteiligten Schüler.