Initiatoren des Repair-Cafés wollen auch Jugendliche für ihr Angebot begeistern Wiederbelebung gelingt bei jedem zweiten defekten Gerät

Fasziniert von der technischen Tüftelei waren die FÖJler, die dem Neu-Isenburger Repair-Café nun einen Besuch abstatteten. Foto: njo

Neu-Isenburg (njo) – Uwe Neumann steckt den Stecker des Föhns in den Räumen des Isenburger Jugendbüros in die Steckdose. Nichts – keinen Mucks macht der schicke Haartrockner mehr. Anouk Ebenezer, die Besitzerin des Föhns, ist nicht sonderlich zuversichtlich für eine Wiederbelebung ihres technischen Geräts. „Das ist doch jetzt ein ziemlich gutes Test-Instrument für die Veranstaltung heute“, sagt die junge Frau schmunzelnd.

Sie ist eine von 20 Teilnehmern bei einem Seminar im Repair-Café Neu-Isenburg. Alle jungen Frauen und Männer an diesem Nachmittag gehören zu einer Gruppe, die ein Freiwilliges ökologisches Jahr (FÖJ) absolviert. Dazu gehören ganz regelmäßige Seminarwochen, die sich in diesem Fall mit dem Thema „Plastik, Müll und Verschmutzung“ beschäftigen. „Das passt ganz hervorragend zu unserer Intention“, sagt Nick Timm, Mitbegründer des Repair-Cafés. Seit April 2016 kümmern sich Timm und seine ehrenamtlichen Helfer um kaputte Radios, Lampen, Laptops, defekte Stühle oder alle anderen Alltagsdinge, die eben kaputt gehen, aber dennoch viel zu schade zum Wegwerfen sind.

Jeden zweiten Donnerstag öffnen sich die Türen in dem kleinen Raum des Jugendbüros, und die Tüftler versuchen, die Geräte vor der Müllkippe zu retten. „Wir sind keine Reparatur-Annahme-Organisation“, stellt Nick Timm sehr deutlich klar. Das Repair-Café wolle Hilfe zur Selbsthilfe leisten. Die Leute, die ihre defekten Lampen bringen, bleiben zumindest bei dem Versuch der Reparatur neben dem jeweiligen Fachmann sitzen. „Unsere Erfolgsquote kann sich sehen lassen: rund 50 Prozent aller Gegenstände können wir reparieren“, so Timm zu den jungen Leuten. Er berichtet aber auch, dass die Helfer jedes Mal wieder dazu lernen. „Wir werden von Industrie und Wirtschaft ordentlich über den Tisch gezogen. Denn wenn wir die Geräte aufschrauben, sehen wir sehr deutlich, dass viele Details Sollbruchstellen sind. Wichtige Teile sind so billig verarbeitet, dass sie nach drei Jahren zwangsläufig kaputt gehen und der Kunde wieder ein neues Produkt kaufen muss.“

Die Gruppe FÖJler darf nach dem kleinen Vortrag selbst aktiv werden. Die Teilnehmer haben ihre kaputten Geräte mitgebracht: der defekte Föhn, ein kaputtes Ladekabel für ein Handy, ein Toaster, der seinen Dienst quittiert hat. Was dann an den Tischen des Jugendbüros passiert, ist spannend zu beobachten: Anouk, Helen oder Thomas sind fasziniert von der technischen Tüftelei. Schnell ist der Föhn auseinandergeschraubt – und so lose und nackt, wie er vor den Hospitanten liegt, steckt Uwe Neumann das Gerät an den Strom. Direkt beginnt er zu surren und den Föhn-typischen Duft zu verströmen. „Tja, da liegt das Problem wohl an dem Schalter und nicht an der Technik selbst“, analysiert Neumann schnell. Während sie gemeinsam am Föhn werkeln, wird an der anderen Seite des Tischs der Wackelkontakt eines Ladekabels vom Handy behoben. „Das ist schon spannend, denn hier wird ganz aktiv Müll vermieden. Wir werfen viel zu schnell Dinge weg, die vielleicht noch zu reparieren wären“, hat Helen Hellmessen verstanden.

Auch wenn der Besuch der FÖJler aus ganz Südhessen jetzt nicht unbedingt den Wunsch des Repair-Café-Teams nach mehr Jugendlichen erfüllt, weil die Besucher aus Frankfurt, Darmstadt und dem Odenwald vermutlich nicht regelmäßig nach Neu-Isenburg kommen werden, setzt das Seminar doch das richtiges Signal: Junge Leute interessieren sich durchaus für das Thema Müllvermeidung und sind auch fasziniert davon, mit welch einfachen Mitteln kaputt geglaubte Geräte noch zu retten sind. Anouk hat nämlich auch Geld gespart: Ihr Föhn funktioniert wieder, sie muss keinen neuen Haartrockner kaufen.

Nick Timm ist überzeugt, dass er es gemeinsam mit Anne Zettler vom Jugendbüro und den ehrenamtlichen Helfern der Fahrradwerkstatt, die auch involviert sind, erreichen kann, mehr Jugendliche für das Repair-Café und die Fahrradwerkstatt zu begeistern.