Neujahrsempfang der Stadtbibliothek und des GHK mit Lesung von Unda Hörner Zeitreise ins Jahr 1919 offenbart starke Geschichten starker Frauen

Die Autorin Unda Hörner las aus ihrem Buch „1919 – das Jahr der Frauen“. Foto: Postl

Neu-Isenburg (lfp) – Das Jahr 1919 steht nicht nur in Neu-Isenburg unter dem Motto „Das Jahr der Frauen“. Vor genau 100 Jahren durften Frauen erstmals zu den Wahlurnen und erkämpften sich weitere Rechte oder machten – beflügelt durch die neuen Gesetzgebungen – mit „starken“ Aktionen auf sich aufmerksam. Unda Hörner hat die Geschichte der starken Frauen von damals aufgearbeitet. In ihrem Buch „1919 – das Jahr der Frauen“ hat sie Lebenswege und historische Ereignisse zu einer atmosphärisch verdichteten Erzählung verwoben. Ihre Zeitreise in das Jahr 1919 stellte sie während des Neujahrsempfangs am Sonntagnachmittag in der Stadtbibliothek Neu-Isenburg vor.

Traditionell wird der Neujahrsempfang zusammen mit dem Verein für Geschichte, Heimatpflege und Kultur (GHK) veranstaltet. So begrüßte der GHK-Vorsitzende Herbert Hunkel aufgrund der vakanten Stelle der Bibliotheksleitung die vielen Gäste. Die zum Jahresende in den Ruhestand gewechselte langjährige Leiterin der Stadtbibliothek Neu-Isenburg, Jutta Duchmann, war zwar ebenfalls anwesend, trug aber das Schild „Freundeskreis der Stadtbibliothek Neu-Isenburg“, in dessen Kreis sie sich künftig auch einbringen will. „Mir geht es gut und ich engagiere mich jetzt dort, wo ich hingehöre – mehr im Hintergrund“, so Duchmann.

Bürgermeister Herbert Hunkel lobte ihr Engagement, unter dem sich die Stadtbibliothek Neu-Isenburg zu einer weit über die Grenzen der Stadt hinaus bekannt gewordenen Bildungseinrichtung entwickelt habe. Eine Nachfolgerin gibt es schon. „Der Vertrag ist unterzeichnet und sie wird ihre Aufgabe ab dem 1. April wahrnehmen“, verriet Hunkel. In Kürze soll die neue Leiterin vorgestellt werden. Die Aufgaben werden bis dahin von der stellvertretenden Bibliotheksleiterin Miriam Irle übernommen.

Mit der freien Autorin, Herausgeberin, Journalistin und Übersetzerin Unda Hörner war eine profunde Kennerin der historischen Ereignisse um das Jahr 1919 zu Gast. Die in Kaiserslautern geborene, aber in Wiesbaden aufgewachsene Unda Hörner nahm die gespannt lauschenden Gäste mit auf eine Zeitreise. Im Mittelpunkt ihrer Erzählungen stand Alma Mahler, die als Alma Margaretha Maria Schindler geboren wurde und nicht nur mit Gustav Mahler, sondern auch mit Walter Gropius und Franz Werfel verheiratet war und sich aufgrund der Bevormundung durch ihre Männer mit dem Liebhaber Oskar Kokoschka vergnügte.

Dem Architekten und Bauhaus-Direktor Gropius verdankten die Frauen einen freien Zugang zum Architekturstudium am Bauhaus in Weimar. Doch bald fühlte Gropius sich von den vielen Frauen und ihren „Fantasien“ so überfordert, dass er eine Begrenzung für das Studium von Frauen an der „Kathedrale des Humanismus“ anregte.

Dann war da noch Clara Grundwald, die als ausgebildete Lehrerin eine völlig andere Bildungsform als das diktatorisch vorgegebene System mit Prügelstrafe einforderte. Die Philanthropin Ida Hohenemser war von der Erziehungsmethode einer Maria Montessori angetan, sammelte „arme und verwahrloste“ Kinder in Meiningen ein, um sie im eigenen Haus und Garten nach der Lehre von Montessori zu erziehen. Und wie würde es um die Schullandschaft stehen, hätte nicht Else Lasker-Schüler an den Anthroposophen Rudolf Steiner geschrieben, der Bitte des Direktors der Waldorf-Astoria-Zigarettenfabrik in Stuttgart, Emil Molt, nachzukommen und die Kinder der Beschäftigten pädagogisch zu betreuen. So entstand die erste „Waldorfschule“. Die Reihe von starken Frauen und ihren Geschichten beendete Hörner mit Hannah Höch, die an der Seite von Raoul Hausmann ihre eigene Kunst der Fotomontage entwickelte und so zu den Protagonisten des Dadaismus in Deutschland avancierte.