Behörden- und Volkswaldlauf erfreut sich wieder großer Beliebtheit 157 Läufer auf der Strecke

Marloes Gutenstein (rechts) ging mit den Kollegen vom Deutschen Wetterdienst an den Start. Foto: man

Offenbach (man) – Auch wenn keine Profis antreten: Wer beim Offenbacher Behörden- und Volkswaldlauf am Ende vorne liegen will, muss fast jeden Tag hart trainieren. Zum Start feuerte Stadtverordnetenvorsteher Stephan Färber auf dem Gelände der Arbeiterwohlfahrt (Awo) im Hainbachtal die Schreckschusspistole ab. Eigentlich hätte das Schirmherr Dr. Felix Schwenke erledigen sollen, doch der Oberbürgermeister ist unpässlich. Jeden Augenblick erwartet Gattin Viola ein Kind.

Die U 16-Läufer mit den zweistelligen Nummern auf der Brust drehen eine Runde über drei Kilometer durch den Wald. Am Schnellsten rennt Tristan Kaufhold. Der Zwölfjährige vom Franziskanergymnasium Kreuzburg in Großkrotzenburg braucht 11:02 Minuten, was einen erstaunlich schnellen Schnitt von 16,31 Stundenkilometer bedeutet.

Jene mit den dreistelligen Nummern müssen zweimal an der Messstation vorbei, was sechs Kilometern entspricht. Manche nehmen die Strecke auch im beschaulichen Nordic-Walking-Stil. Für einen wie Ulrich Amborn fühlen sich sechs Kilometer wie für einen Normalsterblichen der Gang zum Briefkasten an. Auf die Frage, wie viel Kilometer er wöchentlich trainiere, antwortet der 61-Jährige: „Es ist eine Katastrophe, gerade mal 70“. In früheren Zeiten seien es gerne mal 360 gewesen, erzählt Offenbachs Sportler des Jahres 2003, der immer noch Rennen über 100 Kilometer Länge absolviert. Seine Bestzeit: 6:48,36 Stunden, aufgestellt vor 21 Jahren in Rodenbach. Sieben Liter habe er unterwegs getrunken und dennoch keinen Toilettenstopp einlegen müssen.

Die meisten Gelegenheitsmarathonläufer dürften den Punkt schon mehrfach erlebt haben, an dem das eigene Ich die Frage stellt: „Warum tust du dir das an?“ Amborn scheint solche Momente nicht zu kennen.

Die 100 Kilometer seien entspannter, als einen Marathon zu laufen, „wegen der geringeren Geschwindigkeit kommst du nicht in den Fettstoffwechsel.“ Als ob ein Schnitt von 14,68 Stundenkilometern über knapp sieben Stunden lediglich ein lahmer Trab wäre. Die Leichtathletikgemeinschaft Offenbach (LG), der Skiclub Offenbach und das Sport- und Badeamt der Stadt Offenbach veranstalteten den Offenbacher Behörden- und Volkswaldlauf zum 47. Mal. Seit ein paar Jahren darf jeder mitmachen, auch ohne in einer Behörde zu arbeiten. „Insgesamt meldeten sich 157 Leute an“, zählt Kristoffer Uhlisch, der Vorsitzende der LG, der selbst teilnimmt. Sein Amtsvorgänger Jürgen Wigidal, seit zwei Jahren Vereinsvize, frotzelt ein bisschen, als Uhlisch nach der ersten Runde vorbeikommt und nicht mehr so ganz taufrisch wirkt, „der scheint nicht im Training zu sein“.

Etliche Jugendliche von der Augst-Bebel-Schule nehmen teil, deren Anblick beweist, dass Sport fit hält.

Am Rand feuern die drei Kinder von Dennis Gutenstein ihre Mutter und deren Mannschaft an. Einmal heißt es „Mama, Mama“, dann erklingt der Schlachtruf „Wetterdienst, Wetterdienst“. Mutter Marloes Gutenstein findet noch die Zeit, den Nachwuchs abzuklatschen. Ihre Kollegin Sandy Schreibe läuft mit 27:18 Minuten als schnellste Frau ins Ziel.

Martin Wilck gehört zu den Favoriten. Der 31-jährige Bankkaufmann der Helaba belegte im vergangenen Jahr im Gesamtfeld den zweiten Platz, in der Kategorie „Behörde“ gewann er jedoch Gold, was auch in diesem Jahr sein Ziel ist. Wilck fing erst vor sechs Jahren an zu laufen, „damals wog ich 15 Kilo mehr.“

Am Ende belegt er mit 21:57 Minuten den zweiten Platz, „zehn Sekunden schneller als 2017“. Seinen Behörden-Titel verteidigt der Mann vor seinem Helaba-Kollegen Zokirjon Abdusattarov. Im Gesamtfeld liegt Marko Czetovic vor den beiden, der nur 21:32 Minuten brauchte. Sein Sieg gilt nicht als Sensation. Schließlich war der 27-Jährige schon kroatischer Jugendmeister über 5.000 Meter. Mit einer Zeit von 24:26 Minuten kommt schließlich Ulrich Amborn nach den sechs Kilometern ins Ziel. Für den 100- Kilometer-Läufer ist das ganz klar der Beweis, „Sprintstrecken liegen mir nicht“.