Neuer Blick auf die Geschichte der Stadt Ausstellung: 250 Jahre Kaiserstraße in Offenbach

Die Kaiserstraße im 20. Jahrhundert auf einer Postkartenabbildung. Foto: Archiv im Haus der Stadtgeschichte/p

Offenbach (red) – Die Offenbacher Kaiserstraße feiert einen runden Geburtstag: 2016 wird sie 250 Jahre alt. Das Amt für Öffentlichkeitsarbeit hat dazu die Ausstellung „250 Jahre Kaiserstraße – Ein Kilometer Offenbacher Geschichte“ organisiert, die im ehemaligen UBS-Gebäude, Kaiserstraße 73, im Erdgeschoss ab Samstag, 20. August, zu sehen ist.

Monatelang hat der Offenbacher Autor Uwe Kauss im Auftrag des Amtes die Archive durchstöbert und die Geschichte der Straße anhand von historischen Akten, Originaldokumenten, Zeichnungen und Fotos rekonstruiert. Viele Dokumente sind in der Ausstellung erstmals zu sehen und eröffnen einen völlig neuen Blick auf die heute genau einen Kilometer lange, kerzengerade Straße.

Die Ausstellung ist vom 20. August bis 10. September montags bis samstags von 12 bis 18 Uhr geöffnet. Zur Eröffnung am Samstag, 20. August, zwölf Uhr, sprechen Oberbürgermeister Horst Schneider, der Ausstellungsmacher Uwe Kauss sowie Marion Rüber-Steins vom Amt für Stadtplanung, Verkehrs- und Baumanagement über Historie und Gegenwart der Straße. Uwe Kauss führt Interessierte außerdem am Samstag, 27. August, sowie am Donnerstag, 8. September, jeweils um 16 Uhr durch die Ausstellung und berichtet über die Ergebnisse seiner Recherchen. Weitere Führungen für Gruppen organisiert er auf Anfrage.

Im Jahr 1766 wurde die Kaiserstraße als noch namenloser Weg durch ein neues Bauquartier am Westrand Offenbachs angelegt. Damals lebten etwa 4.500 Einwohner im Ort. Die Verbindung führte zwischen der Geleitsstraße bis etwa zur heutigen Bernardstraße durch Äcker, Wildnis, Wiesen und Gärten. Das Hochwasser des noch nicht kanalisierten Mains überschwemmte sie regelmäßig. Den „Weg nach dem Mayn“, wie der unbefestigte Feldweg auf einem Plan von etwa 1750 genannt ist, durchzog bald ein breiter Kanal. Er war Teil eines längst vergessenen Entwässerungssystems und sollte zudem die Westgrenze Offenbachs sichern, denn die Stadtmauer war dort seinerzeit lückenhaft. So entstand ihr erster Name: Canalstraße.

Der 31-jährige Fürst Wolfgang Ernst II. von Isenburg und Büdingen hatte das Vorhaben in seinem Edikt vom 15. Mai 1766 beschlossen. Der Grund: Der alte Offenbacher Ortskern war zu eng geworden, neue Häuser konnten dort nicht mehr gebaut werden. Auch für Manufakturen und Fabriken gab es keinen Raum mehr – doch Fürst Wolfgang Ernst wollte sein Offenbach erweitern. Er machte so den ersten, entscheidenden Schritt in der Entwicklung der heutigen Stadt. Die Ausstellung zeigt deutlich, dass das Nordend, das Westend sowie die westliche Innenstadt im Lauf der folgenden Jahre und Jahrzehnte nur aufgrund des fürstlichen Edikts vom 15. Mai 1766 entstehen konnten.

Der junge Fürst gewährte Neubürgern, die dort Häuser bauen wollten, Steuerfreiheit – aber nur denen, die eine Manufaktur oder Fabrik errichteten. Er machte bereits Vorgaben zur Gestaltung der Fassaden, zudem sollte die neue Straße dieselbe Breite wie die Frankfurter Straße erhalten. Schließlich verließ Wolfgang Ernst das alte Schloss und zog in sein modernes Palais, das er an der Ecke Frankfurter Straße und Canalstraße bauen ließ. Damals entstanden entlang der Straße viele prächtige Anwesen, in denen vor allem Offiziere, Adlige, Fabrikanten und wohlhabende Bürger wohnten. Im Jahr 1804 wurde der stinkende Kanal überwölbt, die Straße mit Baumreihen zur Allee verwandelt. Eine feine Prachtpromenade entstand, die in der Stadt bald „Seufzerallee“ hieß.

Die Ausstellung zeigt mit Zeichnungen und Fotos, wie sehr ihre Bedeutung in der schnell wachsenden Stadt wuchs: Auf der Canalstraße fand bis 1836 die Frankfurter Messe statt, 1848 entstand an ihrem Rand der Lokalbahnhof, 1876 wurde sie an den neuen Bebraer Bahnhof (heute Hauptbahnhof) verlängert.

In den 1950er bis in die 1970er Jahre fielen den neuen Gestaltungsformen die letzten historischen Häuser aus der ersten Bauzeit zum Opfer. Der stetig wachsende Autoverkehr veränderte dazu den Charakter der Straße ebenso wie der Strukturwandel der Stadt in den 1970er Jahren. Auch das macht die Ausstellung zum Thema.