Auf dem Weingut der Gibberts stehen 99 Reben, exakt so viele, wie der Gesetzgeber außerhalb von Weingemeinden erlaubt. „Seit 20 Jahren bauen wir hier an“, erklärt Stefan Gibbert.
Vater Wolfgang hatte durch einen Blick ins Stadtarchiv sogar herausgefunden, dass ihr Schrebergarten schon zu Zeiten von Karl dem Großen dem Weinanbau diente. So ist es auch kein Zufall, dass die Straße, in dem sich das Grundstück der Familie Gibbert befindet „In den Weingärten“ heißt.
„Wir sind einer der ältesten Weinberge Deutschlands“, verweist Stefan Gibbert auf Notizen im Lorscher Codex.
Das Geschichtsbuch aus dem zwölften Jahrhundert sollte die Besitztümer des Kloster Lorsch bis ins achte Jahrhundert belegen. Dass sich Vater Wolfgang dazu entschloss, an diesem historischen Ort erneut Wein anzubauen, kam nicht von ungefähr.
Der 64-jährige Maschinenbauingenieur ist vom Fach. Er wuchs in Zell an der Mosel in einer Winzerdynastie auf. „Mein Vater erkannte: Lehmboden und Klima passen“, erinnert sich der 35-jährige Sohn an die Anfänge. Die Parzelle liege „in der Miniatur-Toscana des Rhein-Main-Gebiets“.
Im vergangenen Jahr sah es für den Wein lange trübe aus. Durch späten Frosteinbruch wirkten die Trauben wie vertrocknet. Die Überlegung stand im Raum, auch auf den Rest der Ernte zu verzichten, „absehbar war, dass der Ertrag um die Hälfte einbricht, sich die Arbeit aber nicht verringert“. Schließlich gab es im Jahr 2017 dennoch 200 Liter Rivaner. Die Spätsonne im September und Oktober hatte sich noch einmal ins Zeug gelegt. „Die Qualität ist deshalb überdurchschnittlich“, betont Stefan Gibbert. Weich unterm Gaumen, geschmeidig im Abgang, so lässt sich der Wein beschreiben, der auch manchem gefallen könnte, der den Müller-Thurgau, wie der Rivaner noch heißt, nicht unbedingt bevorzugt.
Wie immer bezieht sich das Etikett der Flasche des aktuellen Jahrgangs auf die Region: Vor dem Rumpenheimer Schloss zieht ein Pferdegespann ein Schiff den Main hoch.
Die Gäste des Rumpenheimer Weinfestes konnten sich jedoch nicht nur am Rivaner erfreuen, sondern auch an selbst gebackenen Kuchen, den die Mitglieder der Bürgerinitiative Rumpenheim (BIR) verkauft haben. Die BIR gründete sich 1973, um zu verhindern, dass statt des Schlosses ein Hochhaus die Gegend ziert. Mittlerweile engagiert sich die BIR im „Bündnis der Bürgerinitiativen“ (BBI) gegen einen weiteren Flughafenausbau und für das Nachflugverbot. BIR-Vorsitzender Bruno Persichilli und die BBI-Vorsitzende Ingrid Wagner verkauften beim Weinfest jedoch nicht nur aus reiner Lust. Annemarie Eisner erwähnte, finanziell müsse die BIR jetzt mehr als früher stemmen. Die Miete für die Räume an der Landgraf-Friedrich-Straße sei deutlich gestiegen.
Wie andere zeigt sich auch Eisner davon angetan, sich, ohne zu Schreien, unterhalten zu können.
Denn es wird keine Musik gespielt, die sich allzu sehr in den Vordergrund drängt.