„Bei Gewitter schnell einen Parkplatz aufsuchen“ Ehepaar Biermann: Die Experten im Wetterpark

Das Ehepaar Annegret und Ulrich Biermann arbeitete über 40 Jahre lang für den Deutschen Wetterdienst. Heute führen sie durch den Wetterpark. Foto: Mangold

Offenbach (man) – „Wir reden nur übers Wetter“, gilt als Metapher für eine Konversation, die sich im inhaltsleeren Raum bewegt. Annegret und Ulrich Biermann aber erzählen regelmäßig Spannendes zum Thema, wenn sie Interessierte durch den Wetterpark am Buchhügel führen. Das Ehepaar arbeitete über Jahrzehnte für den Deutschen Wetterdienst in Offenbach als Techniker.

Annegret Biermann zeigt auf die Messstation. Hier braucht es niemanden mehr, der rausgeht, um die Temperaturen abzulesen. Ulrich Biermann (68) erinnert sich: Einst ging er nachts raus, um neben den Graden auch noch die Niederschlagsmengen zu erfassen. Die gab er dann an die Zentrale weiter. „Heute bekommen wir automatisch die zigfache Menge an Daten“, sagt er.

Annegret Biermanns (65) Fokus liegt auf der Ambivalenz der Technik, etwa auf den Satelliten, „die auf der einen Seite zum Zweck der Spionage aus einer Höhe von 36.000 Kilometern ein Gesicht erkennen können.“ Auf der anderen lasse sich damit wesentlich verlässlicher die Entwicklung von Hoch- und Tiefdruckgebieten prophezeien als in früheren Zeiten.

Ohne Dreck keine Wolken

Mit Radar lasse sich beispielsweise genau bestimmen, wo die Wolkenfelder demnächst mit hoher Wahrscheinlichkeit abregnen werden, „die Unwetterwarnung läuft dann automatisch mit“.

Sie erklärt bei der Gelegenheit, wie sich Wolken überhaupt bilden können, „ohne Dreck geht das gar nicht“. Die Wassermoleküle setzen sich an den Partikeln ab, „das funktioniert ähnlich wie die Bildung von Eis“. Das ist der Grund, warum destilliertes Wasser unter normalen Umständen nicht gefrieren kann. Um die fehlenden Mineralien können sich keine Eiskristalle bilden.

Schäden durch Blitze

Die Biermanns zeigen auch einen Baumstamm, in den einmal ein Blitz einschlug. Die Wirkung dessen kann sich unterschiedlich gestalten. „Auch das hat mit simpler Physik zu tun“, sagt Annegret Biermann. Der Blitz treffe mit einer Temperatur von um die 30.000 Grad Celsius. Das reicht, um Wasser sofort zum Sieden zu bringen. Je stärker ein Baum im Saft steht, „desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Blitz ihn spaltet, weil er quasi explodiert“. Eine getroffene Eiche bleibt deshalb eher standhaft als eine Fichte.

Beim Thema Blitz gibt Ulrich Biermann den dringenden Rat, bei Gewitter möglichst rasch einen Parkplatz anzusteuern. Es stimme zwar, dass der Pkw bei Einschlag den Schutz eines faradayschen Käfigs biete, „aber die Elektronik des Wagens fällt dann komplett aus“. Nicht ungefährlich, wenn das bei über 100 Stundenkilometern auf der Autobahn passiert.

Klima nicht mit Wetter verwechseln

Durch das Autofahren nimmt der Mensch auch unmittelbaren Einfluss auf das Wetter. Den Älteren könnte vielleicht auffallen, dass es bis in die 80er Jahre in Ballungsgebieten wesentlich häufiger Nebel gab. Das hängt mit dem ähnlichen Prinzip der Wolkenbildung zusammen, „ohne die Katalysatoren flogen mehr Partikel umher“.

Nach ein paar eiskalten Tagen im Winter gibt es immer wieder Leute, die behaupten, von einem Klimawandel nichts zu spüren. Die aber verwechseln das Klima mit dem Wetter, „das Wetter benennt den Moment, das Klima den Schnitt aus dreißig Jahren“. Gradmesser für sich veränderndes Klima sei etwa der Beginn der Apfelblüte oder der Blätterfall der Stieleiche. Daran ließe sich eine deutliche Veränderung ablesen: „Zwischen 1961 und 1990 hatten wir 119 Tage Winter, mittlerweile sind es 105 Tage.“

Passend zum Thema läuft am heutigen Mittwoch Am Wetterpark 15 ab 21 Uhr unter freiem Himmel der Film „Plastic Planet“. Der Eintritt ist frei.