Priorität haben die gut 2500 jüngeren Bäume im Stadtgebiet Nicht für jeden gibt’s Wasser

An allen Ecken und Enden ist es in Offenbach zu trocken. Der Grünstreifen entlang der Schreberstraße hat bei der kommunalen Gieß-Priorität keinen vorderen Rang.

Offenbach – Es ist zu trocken. Das wird jeder Kleingärtner bestätigen. Das sieht jeder im historischen Grüngürtel oder am Straßenbegleitgrün. Aber erst ein Blick auf die tatsächlichen Regenmengen verdeutlich, dass da etwas nicht stimmt. In den vergangenen vier Wochen liegt die Niederschlagsmenge laut Datenbank in Offenbach bei 11,3 Liter pro Quadratmeter, wobei sich allein 8,3 Liter auf den 20. Juli konzentrieren. Alles, was der Stadtservice dieser Tage zur Bewässerung tut, erscheint wie ein Tropfen auf den besagten heißen Stein...

An Glut-Tagen raten Mediziner den Menschen: Trinken, trinken, trinken. In Abwandlung heißt es für den Stadtservice: Gießen, gießen, gießen. Zwei Wagen, ein großer mit einem Fassungsvermögen von 8000 Liter, ein kleinerer mit 4000 Litern, sind dazu unterwegs. Wie viel Wasser fürs Stadtgrün verbraucht wird, lässt sich nicht seriös schätzen: Je nachdem, wo gegossen wird und wie heiß es ist, kann jeder Gießwagen bis zu fünf Mal am Tag nachgefüllt werden, „dies ist aber nicht die Regel“, heißt es vom Stadtservice, der bei der Stadtwerke Holding angesiedelt ist.

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Unterstützung kommt in den Sommermonaten von zwei Dienstleistern, die mit eigenen Fahrzeugen gießen.

Mit ihren beiden Wagen ist der Stadtservice sechs Mal pro Woche unterwegs – von März bis September oder (je nach Wetterlage) Oktober. Auch bei Regen. Was auf den ersten Blick widersprüchlich erscheint, erklären die Fachleute: „Normale Niederschläge dringen maximal zehn Zentimeter tief in den Boden ein. Unterstützung durch den Gießwagen bewirkt, dass die Erde mehr Wasser aufnimmt und die Pflanzen entsprechend länger davon zehren können. Das wird auch gemacht, wenn bereits Regenwolken aufziehen: Dann wird der Boden aufgeweicht und kann nahenden Regen besser aufnehmen.“

Die Wässerung ist indes nicht flächendeckend. Lediglich ausgesuchte Grünanlagen und Bäume erhalten das Nass. Alle Bäume, die noch nicht länger als fünf Jahre an ihrem aktuellen Standort wachsen, bekommen alle ein bis zwei Wochen 170 Liter (je länger sie stehen, umso weniger), also einen kräftigen Schluck aus dem Schlauch. Die einzigen älteren Bäume, die zusätzlich gegossen werden, finden sich am Wilhelmsplatz und in der Frankfurter Straße: Dort ist der Boden so verdichtet, dass selbst ältere Bäume keine Chance haben, alleine genügend Feuchtigkeit aufzunehmen. In der Summe werden rund 2500 jüngere Bäume gewässert. Und die neu angelegten Staudenbeete erhalten anfangs zweiwöchentlich Wasser, damit sie Wurzeln ausbilden können.

Beim Wässern brauchen die Mitarbeiter der Abteilung Grünwesen neben einem nassen Daumen vor allem Zeit. Das Gießen funktioniert am besten langsam. Grund: Wird zu viel Wasser auf die ausgetrocknete Erde aufgebracht, fließt es sofort ab und dringt nicht bis zu den Wurzeln vor. Deshalb arbeitet der Stadtservice bei Bäumen viel mit Gießringen, die verhindern, dass das Wasser wegläuft, und mit Wassersäcken, aus denen das Wasser langsam versickern kann. Diese Säcke werden vor allem an jungen Bäumen angebracht.

Von Martin Kuhn