Wie der Vater, so der Sohn: In Stelios hat Georgios Konstantinidis einen Nachfolger gefunden.

Offenbach – Niemand hätte geglaubt, dass der Laden am Wilhelmsplatz 7 mit den beiden überlebensgroßen Makrelen am Eingang eine Erfolgsstory wird. Am allerwenigsten Georgios Konstantinidis selbst. „Der Laden war klein, ging nur bis zu den schwarzen Fliesen am Boden. Weiter hinten war nichts, da konnte man den Himmel sehen“, erzählt er, und dieses verschmitzte Lächeln umspielt seine Augen. Dieses Lächeln, das ihm sicher viele Türen geöffnet hat.

Mit seinen über 80 Jahren macht er noch immer täglich die Kasse. Im Januar 1973 war er allein gekommen – aus dem griechischen Dorf Cherso, nahe der Stadt Kilkis, im Norden Griechenlands. Mit nur 18 Jahren und 300 Drachmen in der Tasche hatte er sich auf den langen Weg nach Deutschland gemacht.

Als gelernter Elektrotechniker schlug er sich zunächst in Stuttgart mit Gelegenheitsjobs durch, bis er durch einen Cousin nach Offenbach kam. Er heiratete in Griechenland und eröffnete mit seiner Frau einen Lebensmittelladen, zunächst im Kleinen Biergrund. Am Anfang verkauften die beiden nur Spezialitäten aus Griechenland und brachten so ein kleines Stückchen Heimat nach Offenbach. Seit diesen ersten Tagen ist Alp Tungur an der Fischtheke mit dabei, der bis heute alle Meeresbewohner filetiert, ausnimmt und zum Verzehr vorbereitet.

Die beiden Gänge des schlauchförmigen Ladens haben sich in den 50 Jahren zum reinsten Schlaraffenlabyrinth entwickelt. Vorn rechts neben dem Eingang kommt man am duftenden Brotstand kaum vorbei. Das frischgebackene italienische Weißbrot und fein belegte Foccacias locken. „Ein Espresso gefällig?“ Schon ist das Frühstück fertig.

Weiter geht es vorbei an besten Olivenölen. Alle in Extra-Vergine-Qualität, kalt gepresst und mechanisch hergestellt. „Ich achte darauf, dass die Oliven nur aus Griechenland kommen. Vieles, was ich einkaufe, stammt aus der Region um unser Dorf Cherso, denn ich möchte die kleinen Bauern und Produzenten dort unterstützen“, erzählt Sohn Stelios, der den Laden inzwischen übernommen hat, regelmäßig nach Griechenland reist und neue Leckerbissen einführt. Zum Beispiel die wunderbaren handgerollten Weinblätter an der Frischetheke.

Daneben finden sich eingelegte Antipasti aus Italien, zwischen denen man sich kaum entscheiden kann. Schweift der Blick weiter zu Käse und Wurst, wird es nicht einfacher. Sehr beliebt bei der Offenbacher Kundschaft sind luftgetrocknete Salamisorten, Parmaschinken und Mortadella aus Italien. Alle Köstlichkeiten werden von zwei Damen hinter der Theke mundgerecht in Scheiben geschnitten.

Neben den gut sortierten Nudelregalen, der Gebäck- und Spirituosenauswahl ist die Fischtheke zur begehrten Anlaufstelle für alle Kulturen geworden. Inzwischen wird viermal wöchentlich aus Italien, Spanien und von der Nordsee angeliefert. Von der Sardelle bis zum Schwertfisch findet sich alles, was Flossen oder Fangarme hat.

Darauf ist Stelios zurecht stolz. Denn der hochgewachsene Betreiber, der immer weiterhilft, wenn jemand etwas Besonderes sucht, macht seine Sache mit Herzblut. Obwohl er zunächst andere Pläne hatte: Nach dem Informatikstudium in Darmstadt half er seinem Vater, dem manches inzwischen schwerfiel, immer öfter aus und blieb schließlich dabei.

Zum Glück für Offenbach, denn: „Bei Konstantinidis bekommt man alles, und was man nicht bekommt, das braucht man nicht“, wie es ein Stammkunde mal formulierte.

Von Ingrid Walter