Vier Tafeln geben Raum für eigene Gedanken Innehalten auf dem Neuen Friedhof in Offenbach

Bürgermeister Peter Schneider (von links), Alexander Kästner vom Verein Treffpunkt Friedhof, Hakan Erdogan vom Starthaus, Friedhofsleiterin Gabriele Schreiber und Christian Loose, stellvertretender Eigenbetriebsleiter, vor den Wänden auf dem Neuen Friedhof. Foto: Stadt Offenbach/p

Offenbach (red) – Ein Buch schreiben, fünf Kinder adoptieren, Heiraten, den Nobelpreis oder Zeit zum Abschied haben. Seit Anfang Juni laden vier große Tafeln auf dem Neuen Friedhof die Besucher ein, einen Moment innezuhalten und den Satz „Bevor ich sterbe möchte ich…“ zu beenden.

„Die ursprüngliche Idee kommt aus New Orleans“, erklärt Friedhofsleiterin Gabriele Schreiber, „und inzwischen gibt es schon mehr als 400 solcher Wände in über 60 Ländern.“ Dass die Aktion nun auch in Offenbach angekommen ist, ist der Initiative von Alexander Kästner vom Verein Treffpunkt Friedhof zu verdanken. Der Verein arbeitet an dem Ort, an dem Leben und Tod zusammen kommen und versucht, mit seinem Angebot eine Brücke zu schlagen.

So können sich beispielsweise Trauernde in Gesprächsgruppen austauschen, aber auch Kindergruppen und Schulklasssen unter Anleitung ein unbefangenes Verhältnis zum Friedhof erlernen. Dazu passen die Tafeln, die Kästner erstmals in Darmstadt begegneten und „die“, so der Initiator, „zudem auch dem Trend entsprechen, sich persönlich äußern zu können und dabei doch anonym zu bleiben“.

Ein Angebot, das von den Besuchern offensichtlich gerne angenommen wird. Binnen weniger Tage waren die Tafeln bereits gefüllt, auch die englischen und spanischen Versionen „Before I die I want to“ beziehungsweise „Antes de morir quiero…“ waren vollendet. Gleichgültig in welcher Sprache – das Leben, darum geht es. In unterschiedlichen Facetten, aber der Wunsch nach Glück, Frieden, Gesundheit und Familie ist zentral.

„Die Aktion macht bewusst, wie Leben und Endlichkeit gelebt werden kann und sollte“, findet daher auch Bürgermeister Peter Schneider.

Der Neue Friedhof sei für ihn ein Ort der letzten Erinnerung an die Lieben, aber auch ein Stück Natur mitten in der Stadt, der nicht nur von Trauernden, sondern auch anderen genutzt werden kann und soll.

Der stellvertretende Eigenbetriebsleiter Christian Loose möchte den Friedhof zum Ort der Erholung wandeln, dabei ist auch die Einrichtung eines Friedhofs-Cafés denkbar. „Wir haben noch ein paar Ideen“, verspricht Hakan Erdogan vom Starthaus, der sich um die Anbringung der Tafeln und deren fotografische Dokumentation kümmert. Denn damit möglichst viele Menschen den Satz vollenden können, werden diese regelmäßig abfotografiert und gereinigt.

Für Initiator Alexander Kästner erfüllt die Aktion ihren Sinn, wenn die Menschen nach dem Friedhofsbesuch mit dem Motto „Heute ist der erste Tag meines restlichen Lebens“ weiterziehen.