Offenbach anerkannte Größe als Kreativstadt Kulturregion Rhein-Main stellt neues Programm vor

Geschäftsführerin der Kulturregion Rhein-Main Sabine von Bebenburg, erster Aufsichtsratsvorsitzender und Landrat des Kreises Groß-Gerau Thomas Will und Gastgeber Jürgen Eichenauer, Leiter Haus der Stadtgeschichte bei der Programmvorstellung. Foto: Stadt Offenbach

Offenbach (red) – 46 Kommunen haben sich vor zwölf Jahren in der Kulturregion Rhein-Main zusammengeschlossen, Offenbach ist von Anfang an dabei. „Die Qualität ist das Netz“, stellte Thomas Will, erster Aufsichtsratsvorsitzender und Landrat des Kreises Groß-Gerau, beim Rückblick und Ausblick bei der Jahresauftaktpressekonferenz im Haus der Stadtgeschichte klar. „Alle Kommunen profitieren vom Mitwirken in der Kulturregion durch die interkommunale Zusammenarbeit.“

Gemeinsam haben die vielen kleinen und wenigen großen Städte der Region in den zurückliegenden Monaten wieder viele Menschen erreicht und kulturell bewegt. So lockten die Tage der Industriekultur 2017 rund 25.000 Besucher in ehemalige Fabrikgebäude. Ein besonderes Augenmerk galt im vergangenen Jahr dem Thema Meinungsfreiheit, besonders in Szene gesetzt mit den „Marktrufern“ der Groß-Gerauer Büchner-Bühne, die spontan auf den Wochenmärkten der Region Texte zur französischen Revolution rezitierten. Das Thema wird auch in diesem Jahr fortgeführt, immerhin jähren sich Deutsche Revolution, die Novemberrevolution und auch die Proteste der 1968er Generation.

Meinungsfreiheit gestern und heute

Freiheit will erkämpft und verteidigt werden. Die gemeinsam mit dem Büro für Erinnerungskultur und der Hessischen Landeszentrale für politische Bildung veröffentlichte Materialsammlung zum Thema „Meinungsfreiheit gestern und heute“ schlägt, so Will, einen „Bogen von der Reformation ins Zeitalter Social Media“. Zehn Faltplakate und zahlreiche Rollenkarten von berühmten Streitern wie Friedrich Stoltze und Jan Böhmermann, aber auch Raif Badawi, Malala Yousafzai oder Sophie von La Roche sind zu sehen.

Zusätzlich gibt es derzeit Workshops für Schüler im Frankfurter Museum für Kommunikation, in denen Plakate für Meinungsfreiheit gestaltet werden. Die Arbeiten sind ab 3. Mai, dem Internationalen Tag der Pressefreiheit, in der Paulskirche zu sehen.

Workshops und Ausstellung sind nur zwei Formate innerhalb des mehr als 70 Veranstaltungen umfassenden Programms „Der Geist der Freiheit“ zur Demokratiegeschichte, Widerstand und zum Hugenotten- und Waldenserpfads. Auch die Marktschreier sind 2018 wieder unterwegs.

Dass Freiheit auch am Schlagbaum endet, musste die Nigerianische Theaterkomagnie Kininso Koncepts im vergangenen Jahr erleben: Sie erhielten keine Einreisegenehmigung und konnten 2017 nicht beim Kindertheaterfestival „Starke Stücke“ auftreten. In diesem Jahr sind sie als eine Produktion aus sieben Ländern dabei, über 80 Theatertermine gibt es vom 27. Februar bis 18. März an mehr als 30 Orten in der Region zu sehen. Hinzu kommen Workshops und Sonderformate.

Spagat zwischen Sparzwang und Kulturwillen

All das wird möglich durch die Strahlkraft der Kulturregion, denn ein großer Teil des Gesamtbudgets stammt von Sponsoren. Auch das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst gehört zu den Unterstützern. Nur 40 Prozent resultieren aus den Mitgliedsbeiträgen der Kommunen, 0,10 Euro zahlen diese pro Einwohner in den gemeinsamen Topf ein. Für manche Kommune ein Spagat zwischen Sparzwang und dem Willen zur Kultur. Denn im Gegensatz zum Sport gelten diese Ausgaben als eine freiwillige Leistung, hier wünscht sich Will eine entsprechende politische Initiative.

„Wir haben vor allem eine spannende Industriegeschichte, der gemeinsam mit der Kulturregion herausgegebene und neu aufgelegte Routenführer der Industriekultur versammelt über 50 Orte des ehemaligen produzierenden Gewerbes in der Stadt“, betonte der zum Zeitpunkt der Pressekonferenz noch designierte Oberbürgermeister und Kulturdezernent Dr. Felix Schwenke in seiner Begrüßung und erinnerte daran, dass es noch in den siebziger Jahren mehr als 50.000 Arbeitsplätze in Offenbach gab, mehr als die Hälfte davon entfielen auf das produzierende Gewerbe und die Industrie. Nach Jahren des Strukturwandels hat die Stadt ihre Rolle neu gesucht und ist heute Dienstleistungsstandort, aber auch als Kreativstadt anerkannte Größe.

Von der Relevanz der Geschichte berichten Bauwerke und Stationen in der Region gleichermaßen, aber auch das Hier und Jetzt hat in dem umfangreichen Kanon der Kulturregion einen Platz: So bietet die 9. Ausgabe des Jahresprogramms „Museen und Sonderausstellungen 2018“ einen Überblick in die Ausstellungslandschaft der Region.

Insgesamt 87 Häuser sind mit über 150 Veranstaltungen vertreten. Die insgesamt sechs neuen Publikationen und Programme sind bis auf die Materialsammlung „Meinungsfreiheit gestern und heute“ alle direkt bei der Kulturregion Rhein-Main erhältlich oder stehen unter http://www.krfrm.de/krfrm/ zum Download zur Verfügung. Die Materialsammlung ist zusätzlich über die Hessische Landeszentrale für politische Bildung beziehbar.