Das Auto öfter mal stehen lassen Nahmobilitätsplan für besseres Miteinander auf den Straßen

Damit die Offenbacher öfter in die Pedale treten, braucht es auch sichere Radwege in der Stadt. Foto: dpa

Offenbach (red) – Ob zu Fuß, mit dem Auto oder mit dem Fahrrad: Wer in der Innenstadt unterwegs ist, findet hier sämtliche Verkehrsprobleme auf geringem Raum verdichtet. Wenige Stellflächen für Autos oder Fahrräder, fahrende Autos in der Fußgängerzone, Parken, Halten, Entladen. Dazwischen Fußgänger, Frauen mit Kinderwagen, ältere Menschen, Kinder auf dem Schulweg – die Organisation von Mobiliät ist eine Herausforderung der Zukunft, mit der nicht nur Offenbach zu kämpfen hat. 

Wie der Umstieg zu Alternativen jenseits des Autos gefördert werden kann, ist eines der Themen der 2016 vom Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung (HMWEVL) gegründeten Arbeitsgemeinschaft Nahmobilität (AGNH), der die Stadt Offenbach 2016 beigetreten ist.

Das Ziel ist klar, nämlich das Neben- und Miteinander der unterschiedlichen Verkehrsteilnehmer auf engem Raum besser zu gestalten und im besten Fall den Verzicht auf das Auto zu fördern. Dafür braucht es beispielsweise sichere Fahrradwege. Dies ist nur ein Aspekt der in der AGNH entwickelten Förderrichtlinie Nahmobilität, die auf als Initialprojekt durchgeführten Nahmobilitäts-Checks basierte. Offenbach gehört neben Hattersheim, Hanau, Limburg und Rödermark zu den ausgewählten Kommunen, in denen auf Basis eines Nahmobilitäts-Checks ein Nahmobilitätsplan aufgestellt wurde. Stadtrat Paul-Gerhard Weiß begrüßt die Initiative des Landes als richtigen, aber auch überfälligen Schritt: „Wenn wir das nicht anpacken, kommen wir mit der Verdichtung nicht zurecht. Den derzeitigen Status Quo hält das System nicht aus.“

Zwölf Jahre Zeit für Umsetzung

Im Rahmen des Projektes bleibt nun für die Umsetzung von Ideen und Plänen ein Zeitraum von zwölf Jahren, innerhalb derer in dem betrachteten Gebiet zwischen Kaiserstraße, Karlstraße, Berliner- und Mainstraße bauliche, betriebliche, verkehrsrechtliche und verkehrslenkende Maßnahmen angegangen werden können.

Gemeinsam mit Verwaltung und Interessenvertretern von ADAC (Allgemeiner Automobilclub Deutschland), ADFC (Allgemeiner Deutscher Fahrradclub), VCD (Ökologische Verkehrsclub Deutschland e. V.), Seniorenbeirat, Behindertenbeirat, Sozialverband und Fuß e.V. wurden in Befragungen und Workshops Handlungsfelder definiert, die mittel- beziehungsweise langfristig Verkehr und Parken besser organisieren und nebenbei auch zur Verbesserung der Aufenthaltsqualität beitragen können.

Damit Fußgänger und Radfahrer sicherer unterwegs sind, soll beispielsweise ein Gehwehkataster Aufschluss über etwaige Sanierungsbedarfe geben und helfen, Schäden schnell zu beseitigen. Zudem könnten Schilder für Fußgänger nicht nur Distanzen zu Nahzielen in Metern, sondern auch mit Zeitangaben ausweisen. „Damit überlegt sich vielleicht der ein oder andere, schnell zu Fuß zu gehen, statt ein Verkehrsmittel in Bewegung zu setzen“, hofft Gerdts.

Fahrradfahrer haben sich bereits für eine ökologische Alternative entschieden, hier soll das Angebot an Abstellmöglichkeiten nicht nur an Bike+Ride-Stationen verbessert werden. Ebenfalls im Handlungsfeld „Vernetzung von Quellen und Zielen“ enthalten ist die bessere Präsenz von Radrouten im Stadtverkehr.

Verkehr und Parken besser ordnen

Einiges, wie beispielsweise die Ausstattung der Hauptachsen des fußläufigen Verkehrs mit niedrigen Bordsteinen, um Menschen mit eingeschränkter Mobilität diese unkompliziert und ohne fremde Hilfe zu ermöglichen, wurde bereits bei aktuellen Planungen wie dem Umbau des Marktplatzes mitberücksichtigt. Natürlich verzahnen sich auch hier viele Einzelmaßnahmen, wie der Umbau der Bushaltestellen, der bereits im Inklusionsplan der Stadt festgeschrieben und auch bereits weitestgehend umgesetzt ist. Optimierungsbedarf besteht allerdings bei taktilen und sensitiven Hilfen. Hier könnten, so eine Idee aus den Workshops, zusätzlich thematische Spaziergänge zur Sensibilisierung beitragen. Wie sieht die Waldstraße aus der Sicht von Behinderten, Senioren oder Kindern aus? Wie lassen sich Schulwege sicherer gestalten? Wie das Gehwegparken organisieren, beziehungsweise Autos in der Innenstadt unterbringen?

„Mit dem Nahmobilitätsplan lassen sich Antworten auf Fragen finden, die dann auch Eingang in dem fortzuschreibenden Verkehrsmanagementplan (VMP) haben“, so Weiß. Bereits konkret geplant ist die Überarbeitung der Schulwegpläne, mittelfristig soll das Gehwegskataster umgesetzt werden. Schwieriger gestalten sich da beispielsweise Überlegungen zu unterirdischen Quartiersgaragen, die größere Eingriffe in die bestehende Bebauung und Infrastruktur erfordern und nur im Schulterschluss mit Investoren zu realisieren sind. „Aber“, so Weiß, „der Nahmobilitätsplan initiiert Maßnahmen, wir sind auf dem Weg, Verkehr neu zu denken.“