Fortsetzung von Seite 1 „Offenbach uffs Ohr gebabbelt“

Offenbach – Die zu hörenden Texte stammen aus der Feder des Offenbacher Urgesteins Karl Eichhorn, der vor 70 Jahren in den Bänden seiner „Offebacher Pfefferniss“ seine Sicht und Beobachtungen auf die Stadt in Prosa und Lyrik festgehalten hat. Bei dem von Simon Isser angeführten Rundgang hören die Ohren also Eindrücke und Begebenheiten von vor sieben Jahrzehnten, die Augen sehen die entsprechenden Örtlichkeiten von heute.

Zunächst gibt es einen kleinen akustischen Einführungskurs ins Hessische. Da werden ein paar sprachliche Grundlagen erläutert, etwa, dass der Damenhut der „Deggel“ und der Apfelwein hierzulande „en Schoppe“ ist oder dass „wer spinnt, was am Sträußche hat“.

Zur ersten richtigen Station führt Simon Isser die Teilnehmer an das Mainufer, unmittelbar am Liegeplatz der Backschaft. Hier gibt es einen Text über die Offenbacher Ruderer, den legendären Stadtachter zu hören. Nur ein paar Schritte weiter erfahren die Besucher etwas über den „Maabär“, das Offenbacher Original Franz Weber, der unter Brücken schlief und auch als Nichtschwimmer einige Menschen vor dem Ertrinken rettete.

Die nächste Station führt zum Ludo-Mayer-Brunnen am Isenburger Schloss, der der Lederfirma Mayer und Sohn ein Denkmal setzt. Hier hören die Teilnehmer eine Posse über einen Gerbstoff, der in der Fabrik eingesetzt wurde und der im Rahmen der „Offenbacher Goldsuche“ an jeder Ecke gefunden werden konnte. Bei diesem besonderen Gerbstoff handelte es sich um die Hinterlassenschaften von Hunden.

Simon Isser führt seine Gruppe ein paar Meter weiter, von wo man einen Blick zwischen den Bäumen hindurch auf die dicht befahrene Mainstraße werfen kann. Mit „Halli, hallo, steigt ein – Zündschlüssel rein“ sieht Karl Eichhorn den Autoverkehr vor 70 Jahren wesentlich entspannter, als er heute tatsächlich ist: „Mit 70, 80 Sachen, das muss doch Freude machen.“ Allerdings endet die Autofahrt in seinem Gedicht nicht besonders optimistisch, da die letzte Fahrt bei ihm zum Himmelstor führt.

Am Haus der Stadtgeschichte wird über die gute alte Zeit sinniert, vor dem Büsing-Palais, das zu Eichhorns Zeiten kriegsbedingt nicht mehr viel von seiner eigentlichen Gestalt hatte, gibt es einen Text zum Thema Ehe. Außerdem wird hier auch den Kickers Tribut gezollt – als kleiner Exkurs, denn der Gang zum Bieberer Berg würde den Rundgang aufgrund der Entfernung sprengen, stellt Simon Isser fest. An der Ecke Bahnhofstraße Kaiserstraße hören die Teilnehmer einen Text über die durch die S-Bahn abgelöste Lokalbahn. So geht es mit Wissenswertem, Kuriosen und Spaßigem von Station zu Station, bis der rund anderthalbstündige Rundgang schließlich am Wilhelmsplatz endet.

Ins Leben gerufen werden konnte das Projekt mithilfe der Coronaförderung des Kulturmanagements und des Engagements der ehrenamtlichen Vereinsmitglieder des Theaterclubs Elmar. Bis zu 35 Teilnehmer können bei dem Stadtrundgang dabei sein, der nach seiner bestandenen Premiere Anfang Mai in Serie geht: Zunächst sind vier Termine geplant, die auf der Website der Elmars zu je zehn Euro zu buchen sind.

Nähere Informationen über die Rundgänge gibt es im Internet gibt es auf der Seite theaterclub-elmar.de