70.000 Kerzen gegen ein paar Regentropfen Offenbacher Lichterfest mit Musik im Büsingpark

Die Schwestern Martina Ockel und Sandra Ruffin besuchen das Lichterfest jedes Jahr, und der vollbepackte Picknickkorb darf hierbei nicht fehlen. Foto: Mangold

Offenbach (man) – Der Anblick überrascht. Am Samstagmittag vermutete der eine oder andere noch, das Lichterfest fiele aus. Wenn nicht, dann doch nur, weil die Musiker rund um die Neue Philharmonie Frankfurt ja sowieso bezahlt werden müssen. Vertrag ist Vertrag. Was gegen 20.30 Uhr dann wundert: Die meisten Stühle vor der Bühne zum Konzert mit dem Titel „Die Rückkehr des Belcanto“ sind besetzt, als das Orchester die vierte Nummer anspielt und sich zwischen Mimi und Rodolfo in der Arie „Mi chiamo me Mimi“ aus Puccinis Oper „La Bohème“ ein Techtelmechtel andeutet. 

Die Mimi gibt die Sopranistin Julia Sukmanova, den Rodolfo der Tenor Manolito Mario Franz, mit denen vor dem Büsing-Palais wahrlich keine schlechten Sänger intonieren. Philipp Kuhn von der SOH spricht von 2.000 Sitzkissen, die der Veranstalter verteilt hat – genau so wie die Folienüberzüge, in die sich ein Großteil der Zuhörer vernünftigerweise gehüllt hat.

Kurz nieselt es noch einmal, dann gibt der Himmel endlich Ruhe. Als hätte es keine miesen Wetterberichte gegeben, stehen wieder rund 70.000 Kerzen im Büsing-Park, zu Bildern und Schriftzügen arrangiert, von Vereinen wie der DJK Bürgel, der Aidshilfe Offenbach oder der muslimischen Ahmadiyya-Gemeinde.

Am Wegesrand haben sich die Schwestern Martina Ockel und Sandra Ruffin commode auf ihrer isolierten Decke niedergelassen, samt perfekter Picknick-Ausstattung mit Nudelsalat und Weißwein. Den schütteten die beiden aus der Erfahrung des letzten Jahres zuvor in Plastikflaschen um. „Glasflaschen erlauben die am Eingang nicht mehr“, lautet der Grund. Die Schwestern, von denen Sandra schon seit Jahren nicht mehr in Offenbach wohnt, sondern von Mainz rüber kommt, verpassen seit 2010 kein Lichterfest mehr. „Die Atmosphäre ist klasse, auch wenn weniger Leute da sind als sonst“, sagen sie.

Vom „schönsten Fest“ in Offenbach spricht Andreas Funk, der mit Gattin Ilona Funk und deren Freundin Claudia Palesica auf einer anderen Decke Platz genommen hat. Funk kennen in Offenbach besonders die Kinder, wenn auch nicht in seiner zivilen Aufmachung von heute. Der Theaterpädagoge tritt häufig als Clown auf Festen auf.

Derweil stimmt das Orchester unter dem Taktschlag von Steven Lloyd-Gonzalez eine der bekanntesten Melodien der Filmgeschichte an, den Soundtrack aus „Spiel mir das Lied vom Tod“ von Ennio Morricone.

Sigrid Isser gehört zu denen, die ein Bild aus Kerzen auf den Rasen gezaubert haben, nicht für einen Verein, sondern für die Malerinnung. Ihrem Sohn Thomas Isser gehört ein Meisterbetrieb. „Mit Freundinnen, aber auf meine Anweisung hin, haben wir das aufgestellt“, sagt die Vorsitzende der Seniorenhilfe Offenbach lachend und gönnt sich zusammen mit dem Bundestagsabgeordneten Peter Wichtel (CDU) einen Weißwein.

Auch die Caritas hat ein Bild aus Kerzen gelegt, diesmal im Verbund mit der Flüchtlingshilfe Offenbach. Im vergangenen Jahr bewarb der katholische Wohlfahrtsverband das Musical „Broken Hartz“, das im Oktober mit großem Erfolg in Offenbach lief. Caritas-Chefin Anette Bacher erzählt von einer weiteren ausverkauften Aufführung in den Mainzer Kammerspielen vom 30. Juni. Die nächste steht für den 19. September auf dem Programm, in Bensheim im Parktheater.

Von der Bühne erklingt jetzt eine weitere Filmmusik von Ennio Morricone, zum Streifen „Zwei glorreiche Halunke“, ebenfalls von Regisseur Sergio Leone gedreht. Dem einen oder anderen fällt jetzt vielleicht die Lebensweisheit ein, die Clinton Eastwood gegen Ende des Films ausspricht: „Es gibt zwei Arten von Menschen: Die einen haben einen geladenen Revolver, und die anderen buddeln!“

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