Auch über schlimme Phasen der Amtszeit wurde gesrprochen Offenbachs Ex-OB Horst Schneider im AWO-Erzählcafé

Frager und Befragte beim Erzählcafé (von links): Constanze Schneider, Ingeborg Fischer, Karl-Heinz Stier und der frühere Oberbürgermeister Horst Schneider. Foto: Mangold

Offenbach (man) – Zum Erzählcafé der AWO hatte Pressesprecherin Jana Holecek mit Horst Schneider und dem Mühlheimer Karl-Heinz Stier prominente Gäste eingeladen. Der eine regierte Offenbach zwölf Jahre als Oberbürgermeister, der andere moderierte unter anderem die Abendschau im Hessischen Rundfunk und sitzt heute dem Mühlheimer Geschichtsverein vor. Zusammen mit Ingeborg Fischer befragte Stier auch die Französischlehrerin Constanze Schneider, Gattin des Ex-Oberbürgermeisters und zuletzt Schulleiterin der IGS Nordend in Frankfurt.

Horst Schneider, das war der OB mit dem immerwährenden Optimismus und dem roten Fahrrad. In seiner Amtszeit entstanden noble Stadtviertel wie das am Hafen. Der neu gestaltete Wilhelmsplatz gilt als schönster Treffpunkt Offenbachs. Die politischen Stürme bis zur de facto-Verschenkung des Klinikums an einen Krankenhauskonzern wertet Schneider hingegen als „die schlimmste Phase meiner Amtszeit“.

Ingeborg Fischer fragt die pensionierte Schulchefin Constanze Schneider, ob es sie gestört habe, wenn es hieß, „die Frau, die ihrem Mann den Rücken freihält“. Schneider verneint. Letztlich sei es genauso gewesen. Zwar habe sie stets gearbeitet, doch auch die Hauptlast der Kindererziehung getragen. Seit dem 21. Januar gilt Gatte Horst als Privatier, „statt täglich acht Terminen absolviere ich vier“. Die zeigten ihm, wie anpassungsfähig der Mensch sei, „nach denen bin ich genauso kaputt wie früher“.

Mit Altersmilde spricht Schneider noch nicht über seine Amtszeit. Noch immer nerven ihn parteipolitische Ränkespiele, zumindest die der anderen. Gegen eine Mehrheit habe er einen Willy-Brandt-Platz hinter dem Rathaus durchgesetzt. Als kleinlich habe er es empfunden, dass die CDU im Gegenzug einen Karl-Carstens-Platz verlangte. In den letzten beiden Jahren, als der sozialdemokratische Schneider mit einer christdemokratisch geführten Parlamentsmehrheit regieren musste, habe zwar „bei 90 Prozent der Themen die sachliche Überzeugung gewirkt“. Betrübt habe ihn jedoch, dass er mit der Mehrheit von CDU, Grüne, FDP und Freie Wähler zwei Jahre über die Umgestaltung des Marktplatzes verhandelt habe. Am Ende sei bis auf ein Einbahnstraßenschild „exakt das beschlossen worden, was ich im Herbst 2015 habe beschließen lassen“. Doch das Projekt sei dann wegen gestiegener Baukosten nicht mehr zu realisieren gewesen: „Das ist absolut ärgerlich.“ Ein umgestalteter Marktplatz sei essenziell für die Innenstadt, „um das gute Publikum vom Wilhelmsplatz auf die Frankfurter Straße und ins KOMM zu ziehen“.

Horst Schneider wirkt fit wie wie eh und je. Die wenigsten 40-Jährigen können figürlich mit dem 66-Jährigen mithalten. Aber er habe sich im letzten Herbst im Sana Klinikum ein neues Knie einbauen lassen, was problemlos funktioniere. Schneider erwähnt den Eingriff, als er mit einer Frage aus dem Publikum eine Vorlage bekommt, in einem dunklen Kapitel auf ein vermeintliches Licht zu deuten. Ein Gast erklärt, er sei bei einer Betriebsversammlung gewesen, als es um das städtische Klinikum ging. Er habe es als unfair empfunden, wie Schneider dort angegangen worden sei.

Das Klinikum war nach dem Neubau in finanzielle Schieflage geraten. Die Stadt hatte ihr verschuldetes Krankenhaus schließlich zu 90 Prozent der Sana Kliniken AG „verkauft“. Der Preis: ein Euro. Außerdem übernahm die Stadt einen satten dreistelligen Millionenbetrag an Schulden, verzichtete bis 2023 auf Gewinnbeteiligung und erließ die Gewerbesteuer. Nicht allen Beobachtern schien das Vorgehen alternativlos. Schneider wohl auch nicht. Er wisse aus internen Verhandlungen, wer andere Optionen „wohl auch aus politischem Kalkül“ verhindert habe.

Seinen Optimismus aus der Amtszeit behielt Schneider, „die Millionen, die es uns gekostet hat, sind irgendwann ausgeschwitzt. Und keiner fragte mehr danach“. Die Idee vom Gesundheitscampus in Offenbach werde aber unter privater Flagge realisiert.

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