Sängerchor des TVO feiert 175-jähriges Bestehen Mit optimistischen Blick in die Zukunft

Der Sängerchor des TVO Offenbach blickte während einer akademischen Feier auf 175 Jahre Vereinsgeschichte zurück. Dabei durfte das musikalische Rahmenprogramm nicht fehlen. Foto: man

Offenbach (man) – Eine illustre Kombination: Die einen üben Salti, die anderen singen „Sah ein Knab’ ein Röslein stehn“ oder „Muss i denn zum Städtele hinaus“. Bei Hessens ältestem Club gehört das zur Normalität. Als Teil des Turnvereins Offenbach am Main von 1824 gründete sich der Sängerchor des TVO im Jahr 1843. Deshalb stand am Samstag anlässlich des 175-jähriges Gründungsjubiläums in die Turnhalle an der Goethestraße eine akademischen Feier auf dem Programm.

Sportwart Sven Hartung thematisiert das Miteinander von „Tradition und Moderne“, ein Charakteristikum des TVO. Anschließend resümiert der Sängerchorvorsitzende Lutz Elsässer die ersten hundert Jahre des Chores. Bei der Gründung inspirierte die griechische Idee der Einheit von Hochkultur und Sport. Bei Olympischen Spielen der Antike ging es nicht nur darum, wer am schnellsten das Stadion umrundet, sondern auch, wer am schönsten Oden und Gedichte vorträgt. „Das haben die Väter der Turnbewegung übernommen“, sagt Elsässer.

Heute kaum vorstellbar, aber nach dem Sieg über die napoleonischen Truppen galt Turnen in den Zeiten der Restauration als höchst verdächtig. Turnvater Friedrich Jahn, saß fünf Jahre in preußischen Gefängnissen. Chöre verbot die Polizei in den Staaten des Deutschen Bundes prinzipiell nicht so schnell wie Turnvereine. Bei der Gründung des Sängerchors dürfte dieses Wissen eine Rolle gespielt haben.

Chorgesang bedeutet bis heute auch, sich in Wettbewerben zu messen. Elsässer erzählt vom Kaiserpreissingen 1903 in Frankfurt, die Deutsche Meisterschaft der Disziplin. Die Offenbacher belegten den zweiten Platz. Sie mussten sich lediglich dem Kölner Männer-Gesang-Verein geschlagen geben. Auch im Sängerchor proben lange nur Männer. Dennoch gelang es für den 5. Dezember 1943 in der Turnhalle des TVO ein Jubiläumskonzert auf die Beine zu stellen, auch wenn ein Großteil der Mitglieder im Krieg kämpfen mussten und so nicht teilnehmen konnten. Rund zwei Wochen nach dem Konzert verbrannte nach einem Luftangriff alles, was der Chor besaß, darunter 551 Notensätze und zwei Konzertflügel: „Dann war erst mal niemandem mehr zum Singen zu Mute.“

Elsässer hofft, zum 200. Geburtstag in 25 Jahren, „vielleicht über die zweiten 100 Jahre des Sängerchors zu berichten“. Der singt seit 2003 unter dem Dirigenten Heino Risse.

Seit 1975 probt, und konzertiert der Sängerchor nicht mehr alleine, sondern zusammen mit dem Volkschor Offenbach, dessen Vorsitz mittlerweile ebenfalls Lutz Elsässer hält. Der Volkschor-Ehrenvorsitzende Erich Wegel, der die Bühnenbilder für die Konzerte gestaltet, erzählt, wie es einst zum Schulterschluss kam, „der Sängerchor hatte seinen Dirigenten Waldemar Bock verloren, der Volkschor sein Übungslokal“. Die Vorsitzenden Klaus Elsässer und Heinrich Wegel, die Väter der aktuellen Protagonisten, „fanden eine gute Lösung, indem sie die beiden Chöre zusammen singen, und üben ließen“. Zu den Konzerten kommt es zum erweiterten Verbund. Stets sind auch der Mühlheimer Gesangverein Eintracht und der Gesangverein Frohsinn aus Rodenbach mit von der Partie. Das bietet sich an, weil Risse alle Chöre leitet. Außerdem sang während der Feier der Tenor und ständige Gast Martin Kellenbenz die Arie „La Dona e mobile“ aus Verdis Rigoletto, Karin Heidrich begleitet am Klavier. Solo spielt Heidrich noch Chopin. Grußworte richten unter anderem der Stadtverordnetenvorsteher Stephan Färber und der Ehrenamtsreferent Reinhard Knecht ans Publikum. Knecht sagt: „Vor dem Sängerchor liegt die Zukunft“.