125 Jahre Polyhymnia Peter Josef Kunz-von Gymnich dirigiert sein letztes Konzert

Nach 41 Jahren am Pult blickt Peter Josef Kunz-von Gymnich nach den letzten Takten ins Publikum. Fotos: Mangold

Offenbach (man) – Mit einer großen Hymne verließ Peter Josef Kunz-von Gymnich am Samstag das Podium. Der nun ehemalige Chef der Chöre der Polyhymnia 1893 Offenbach-Bieber dirigierte zum 125. Jubiläumskonzert in der Turnhalle an der Seligenstädter Straße sein letztes Konzert.

Cordelia von Gymnich führte durch das Programm. Die Gattin des Dirigenten singt im Chor mit. Sie erzählt, wie sie ihren Mann vor 39 Jahren kennen lernte. Der Musikus spielte in einer Band, was ihr als 19-Jährige imponierte. Uncool wirkte auf die junge Frau dagegen sein Dirigat eines Männerchors. Das pendelte sich jedoch ein, „erst verliebte ich mich in dich, dann in deine Arbeit“.

In seinem Grußwort als Schirmherr erinnert sich Oberbürgermeister Dr. Felix Schwenke an den Männerchor, in dem sein Opa sang. Als Kind habe er sich nicht vorstellen können, „dass es den irgendwann nicht mehr geben wird“.

Cordelia von Gymnich erzählt von den Anfängen der Polyhymnia in einer Zeit, als die Mitgliedschaft in einem Männerchor einem Privileg gleichkam. Auch heute tritt eine stattliche Mannschaft aus Tenor- und Bassstimmen zum letzten von geschätzten 1.500 Konzerten Peter Josef Kunz-von Gymnich an. Doch ein Offenbacher Chor alleine könnte so ein Konzert nicht mehr stemmen. Auf der Bühne stehen Protagonisten des Projekts „Männerchor Offenbach“, den der Bieberer Schwenke als gelebtes Zeichen der Integration benennt, „hier singen auch Offenbacher und Bürgeler mit“.

Es wäre traurig, wenn das Kulturgut Männerchor irgendwann fast ganz verschwände. Bei den Klängen im Piano schwebt Wehmut mit. Wie etwa, als der Chor „Untreue“ von Friedrich Silcher anstimmt, die Vertonung von Joseph von Eichendorffs „In einem kühlen Grunde“. Das Ende beschreibt ein Empfinden, das manchem nicht fremd sein dürfte. Die Frau geht, die Melancholie zieht ein: „Ich möcht’ am liebsten sterben, da wär’s auf einmal still!“ Ein Lied, das ohne den dunklen Sound des Männerchors nicht wirklich wirken könnte.

Staatsminister Stefan Grüttner spricht sicher auch für manchen Zuhörer in der proppenvollen TV-Turnhalle: „Bei ‚Der kleine grüne Kaktus’ geht einem das Herz auf.“ Das Lied stammt aus einer Zeit, als den deutschen Schlager Ironie und melodische Einfälle charakterisierten, die „Comedian Harmonists“ die Massen unterhielten. Den pfiffigen Kaktus-Song interpretiert der „Überraschungschor“ aus ehemaligen Mitgliedern. Die meisten sangen einst im Jugendchor „Polyhymnia-Harmonists“, der mittlerweile als „Just Harmonists e.V.“ konzertiert.

Der Oberbürgermeister lobt den scheidenden Dirigenten: „Sie halfen, dass es nach Ihnen weiter geht.“ Der Frauenchor singt etwa „Frühling in Wien“ mit dem Kunz-von Gymnich-Arrangement der Melodie des Operetten-Komponisten Robert Stolz, in dessen Musik der Schmäh der Stadt mitschwingt. „Für die Schönheit dieser Welt“ tritt die Nachfolgerin ans Pult. Linda Dillmann verantwortet ab jetzt den Frauenchor.

Auch die Schulmusikstudentin Vanessa Borowsky hebt zum beschwingten „In the last days“ bereits den Taktstock. Borowsky übernimmt neben dem „Mixtett“ auch den Männerchor. „Sie hat uns mit ihrer Jugend überrascht und den klaren Ansagen überzeugt“, stellt Cordelia von Gymnich die Nachfolgerin ihres Mannes vor.

Und dann kommen sie, die letzten Takte für Peter Josef Kunz-von Gymnich nach 41 Jahren. Mit „Conquest of Paradise“ zog Boxweltmeister Henry Maske zu Kämpfen ein, der Dirigent verlässt mit der Hymne das Podium. Seinen Chören gibt Peter Josef Kunz-von Gymnich etwas mit auf den Weg, das Chefs oft anders sehen: „In 10.000 Proben und 1.500 Aufführungen habe ich gelernt, dass Lob viel weiter bringt als Herabsetzung.“

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