Karl-May-Hörbuchsprecher Heiko Grauel zu Gast im Haus der Stadtgeschichte Profi-Sprecher liest aus „Schatz im Silbersee“

Heiko Grauel, der Sprecher vieler Karl-May-Hörbücher, mit dem Originalanzug, den Pierre Brice 1962 während der Dreharbeiten zum „Schatz im Silbersee“ als Winnetou trug. Foto: Mangold

Offenbach (man) – Die meisten Menschen, die in den fünfziger und sechziger Jahren auf die Welt kamen, verbindet ein Moment des Zorns auf den Schauspieler Mario Adorf: Sie mussten im Kino oder vor dem Fernseher mit ansehen, wie Adorfs Filmrolle Winnetous schöne Schwester Nscho-tschi erschoss. Der Zuschauer war in der Regel zu aufgewühlt, um die Tat im dramaturgischen Kontext zu betrachten.

Denn Winnetous späterer Blutsbruder Old Shatterhand hatte ein Auge auf Nscho-tschi geworfen, wäre mit ihr an seiner Seite wohl sesshaft geworden und damit als Held ausgefallen. Autor Karl May hatte also keine andere Wahl, als diese viel versprechende Liebesgeschichte der Weltliteratur durch einen frühen Tod zu beenden.

Wer dem Autor und den von ihm geschaffenen Figuren die Treue gehalten hat, für den lohnt sich dieser Tage ein Abstecher ins Offenbacher Haus der Stadtgeschichte. Zum 175. Geburtstag von Karl May ist hier die Jubiläumssausstellung „Durch die Wüste in den Westen“ zu sehen. Sie ist bestückt mit Info-Tafeln rund um den Autor und die Winnetou-Reihe und einer ganz besonderen Requisite: dem Lederanzug des Apachen-Häuptlings. Das Kostüm trug Pierre Brice 1962 in der Verfilmung des May-Romans der „Schatz im Silbersee“ im Alter von 33 Jahren.

Im gleichen Raum stellt das Haus der Stadtgeschichte aus dem Fundus die Bilder von Klaus Dill aus, der mit seinem naiv-realistischen Stil Szenen aus den Winnetou-Verfilmungen malte. Darunter auch die Szene, in der Nscho-tschi sterbend auf der Erde liegt, während Old Shatterhand und ihr Bruder Beistand leisten.

Dill brachte auch den Augenblick auf Leinwand, in dem Old Shatterhand dem gefangenen Winnetou am Pfahl die Fesseln durchschneidet. Der Indianer weiß da noch nicht, dass das Bleichgesicht für seine Befreiung verantwortlich ist. Die Blutsbrüderschaft liegt noch in weiter Ferne und der Kampf zwischen Winnetou und Old Shatterhand steht noch aus. Auch diesen verewigte der 2000 in Frankfurt verstorbene Illustrator von Filmplakaten.

Als Teil der Ausstellung las am vergangenen Sonntag Heiko Grauel aus dem „Schatz im Silbersee“ das Kapital „Der schwarze Panther“. Der Name Grauel dürfte nur wenigen bekannt sein, Millionen haben die Stimme des in Hanau aufgewachsenen Sprechers aber schon gehört, unter anderem in zahlreichen Fernsehreportagen. Außerdem spricht der 43-Jährige in sämtlichen bisher erschienenen Hörbüchern des Karl May-Verlags, der in Bamberg sitzt. Grauel las im Haus der Stadtgeschichte unter anderem die Passage, in der Old Firehand dem unausstehlichen Cornel Brinkley auf dem Raddampfer eine Lektion erteilt, als dieser den Mitreisenden Gewalt antut, wenn sie einen Drink ausschlagen. Der Profi Grauel erzählte später, wie er zu Beginn seiner Ausbildung damit kämpfen musste, den hessischen Dialekt loszuwerden. Diesen habe er erst bewusst wahrgenommen, als er sich selbst auf Band hörte.

Nicht nur zum Synchronisieren oder Sprechen von Werbebotschaften tauge sein Talent, fügte Grauel hinzu. Gerade bei Telefongesprächen mit Frauen sei die geschulte Stimme kein Wettbewerbsnachteil, „das funktioniert gar nicht schlecht“.

Am Samstag, 18. März, 15 Uhr, liest der Autor Alexander Röder zum Thema „Abenteuer, Karl May und Fantasy“ im Haus der Stadtgeschichte in der Herrnstraße 61.