Rad, Wein und Gesang Radrennen rund um den Offenbacher Hessenring

Die Letzten werden die Ersten sein: Andreas Schmidt (hinten) gewinnt am Sonntag beide Rennen. Foto: Mangold

Offenbach (man) – Am Hessenring gegenüber der Dornbuschstraße passt Albert Behnert, Vorstandsmitglied im Radsportclub Bürgel, am Sonntagmorgen auf, dass niemand unter der Banderole über die Straße zu läuft, ohne konzentriert nach links zu gucken. Falls nicht, könnte das fatal enden, auch wenn sich die Teilnehmer des ersten Rennens des Tages gerade erst einfahren.

Ein Kollision von Radfahrer und Fußgänger endet selten folgenlos. Zum zweiten Mal veranstaltete Jürgen Blümmel zwischen dem 21. und 24. Juli auf der Grünfläche vom Hessenring das Fest, das sich „Rad, Wein, Gesang“ nennt. Das Terrain wirkt auf den ersten Blick nicht unbedingt, als wäre es für Radrennen geeignet. Stimmt aber nicht. Die 460 Meter haben im Grunde den Charakter einer Bahn wie bei Sechstagerennen, nur länger und nach außen hin nicht steigend.

Früher fuhr Blümmel selbst Rennen, ehe er in den 90ern am Starkenburgring ein Geschäft eröffnete, das auch Räder verkauft und sich einmal im Monat in ein Kino verwandelt. Die Idee überträgt der Organisator auf das Fest. Zur Eröffnung am Donnerstag hatte es, oh Wunder, abends nicht geregnet. Die Besucher sahen den Film „Das Mädchen Wadja“.

„Die Deutschen sind nur auf den Gewinner fixiert“

Der Pfiff der Tage liegt in der Mischung aus Sport, Kultur und den Weinständen. Radrennen geht es hierzulande ähnlich wie Tennis: Wenn ein Jan Ullrich bei der Tour de France vorne liegt, Boris Becker in Wimbledon gewinnt, dann begeistern die Disziplinen Millionen.

Fallen die ganz großen deutschen Erfolge aus, wissen nur wenige, wer zuletzt auf dem Londoner Rasen den Matchball verwandelte oder mit gelben Oberteil in Paris durch den Arc de Triomphe rollte. „Die Deutschen sind nur auf den Gewinner fixiert“, bemerkt Blümmel in einer Pause während der zwei Rennen am Sonntag.

„Man sieht das Talent, wenn du auf dem Rad sitzt“

Den Tag zuvor ging es neunmal um den Sieg, wobei das letzte Rennen wegen Regens vorzeitig sein Ende fand. Im ersten Rennen am Sonntag geht es nicht nur ums Finale, sondern auch um die Prämien zwischendurch. Wer nach bestimmten Runden als erster über die Ziellinie am Sprecherwagen von Blümmel und Kollegen vorbeikommt, darf sich schon über eine Flasche Schaumwein freuen.

Die lässt sich Andreas Schmidt nicht entgehen, der sich bald nach dem Start zusammen mit seinem Mannschaftskollegen Pascal Repp vom Team Spengler und Alex Weltermann vom Seba Med Racing Team als Trio vom Feld absetzt. Als einzige Frau fährt Julia Schuler mit. Für die 16-Jährige von der Albert-Schweitzer-Schule ist das Rennen wie eine Art Training. Ansonsten tritt sie für Eintracht Frankfurt im Triathlon an. Hinterher erhält sie Lob von Fachmann Blümmel: „Man sieht das Talent, wenn du auf dem Rad sitzt.“

Gute Organisation

Für Kaffee scheint sich Andreas Schmidt nicht sonderlich zu interessieren. Jedenfalls greift er Pascal Repp nicht an, als der um ein Kilo Espresso vom Kaffeemaschinengeschäft 7,2 Grams sprintet. Schmidt schnappt sich lieber auch die nächste Weinflasche, diesmal vom Markthaus am Wilhelmsplatz. Über eine ganze Box südfranzösischen Rotwein aus Peter Briefs Angebot Midi-BiB freut sich Alex Weltermann, der im Gesamtrennen auf dem dritten Rang landet.

Vor der letzten der 44 Runden hatte Schmidt im Trio noch hinten gelegen. Der 46-jährige erfahrene Rennfahrer hatte jedoch keine Bedenken, den Wettkampf ebenso zu gewinnen wie das anschließende Ausscheidungsrennen, „auf meine Sprintstärke kann ich mich verlassen“.

Am Samstag hatte Joshua Dohmen aus Koblenz vom Aviva-Racing-Team beim Punkterennen den sechsten Platz belegt. Am Sonntag verabschiedet er sich beim Veranstalter Blümmel, bevor er sich zum nächsten Rennen nach Bayern auf den Weg macht, „Jürgen, das war hier rundum klasse“.