Alt-Oberbürgermeister Wolfgang Reuter zeigt sich enttäuscht vom Magistrat „Senioren werden vergessen“

Die Belange älterer Menschen – hier die Teilnehmer eines Rollatoren-Kurses vor zwei Jahren – werden nach Ansicht des Seniorenrats in Offenbach zu wenig berücksichtigt.

Offenbach – Um die Teilhabe der Senioren am öffentlichen Leben in Offenbach ist es aktuell nicht gut bestellt: Erst wurden die Planungen für den Busverkehr ohne Rücksicht auf ihre Belange vorgenommen, sodass Wohnanlagen in Biebernsee oder an der Schubertstraße deutliche Verschlechterungen hinnehmen mussten. Nun meldet sich der Seniorenrat zu Wort und moniert mangelnde Rücksichtnahme.

Hintergrund sind mehrere, teils über Jahre von der Stadt verschobene Anliegen. Wie bei allen ehrenamtlichen Tätigkeiten ist es schwierig geworden, Mitglieder zu finden. Die Satzung, so Ex-Oberbürgermeister Wolfgang Reuter vom Seniorenrat, sei Teil des Problems: In der heißt es nämlich, dass die Amtszeit der gewählten Mitglieder fünf Jahre beträgt – zu lange, sagt Reuter. Die Erfahrung zeige, dass dies viele abschrecke. „Wenn man von fünf Jahren erzählt, winken Bewerber sofort ab.“

Laut Satzung zählt der Seniorenrat 15 Mitglieder, aktuell sind es sieben: Einige verstarben, andere traten wegen Krankheit oder aus persönlichen Gründen zurück. Fünf Jahre seien eine zu hohe Hürde, das Gremium bat daher, die Amtszeit auf drei zu beschränken. Doch der Magistrat, berichtet Reuter, antwortete zunächst überhaupt nicht auf die Anfrage. Erst nach einer Erinnerung folgte die Antwort der Stadtspitze – eine abschlägige.

„Sinngemäß hieß es, was wir wollten, schließlich hätten alle anderen Einrichtungen nichts an den fünf Jahren auszusetzen“, sagt Reuter. Zusätzlich heißt es, dass eine Verkürzung unpraktikabel wäre. „Eine Verkürzung der Wahlzeit würde zudem eine erhebliche Mehrbelastung des Arbeitsaufwandes für die Abteilung Statistik und Wahlen bedeuten“, schreibt der Magistrat. „Ich verstehe nicht, weshalb der Magistrat kein Verständnis aufbringt für die Belange der Senioren“, sagt Reuter. Denn das von mehreren Koalitionen versprochene Seniorenbüro lässt weiter auf sich warten. Im Vertrag der Ampel-Koalition heißt es, dass diese das Ziel habe, „in der Innenstadt einen fußläufig und barrierefrei zu erreichenden Beratungs- und Informationspunkt“, ein Seniorenbüro, einzurichten.

Doch während neue Stellen für die Umsetzung des Radentscheids oder einen Antidiskriminierungsbeauftragten geschaffen werden, bleibt das Seniorenbüro weiter ein Wunsch. „Was für andere Interessengruppen recht und billig ist, muss auch den Senioren zugestanden werden“, meint der Ex-OB. Statt von einer Anlaufstelle in der Innenstadt werde höchstens noch von einem Büro im Rathaus gesprochen. „Wir bekommen nur zu hören, dass man im Rathaus keinen Platz findet“, klagt Reuter.

Dabei wäre mehr Augenmerk für die Belange einer älter werdenden Gesellschaft wichtig. Doch in der Verwaltung gebe es niemanden, der speziell für Senioren zuständig sei. Auch würden Informationen vom Magistrat an das Gremium eher spärlich erfolgen.

Der Seniorenrat wendet sich daher an die Stadtverordneten, damit sie die Amtszeit verkürzen und ein Seniorenbüro genehmigen. Außerdem soll die Zahl der für eine Kandidatur nötigen Unterschriften von 30 auf 15 verringert werden.

Doch der Seniorenbeirat hat weder Rede- noch Antragsrecht in der Stadtverordnetenversammlung. Prinzipiell hat Reuter dafür Verständnis, denn immer mehr Gruppen begehren Rederecht, was die Arbeit der ehrenamtlichen Mandatsträger weiter aufblähe. „Aber es muss sich etwas ändern“, sagt er. „Die Senioren dürfen nicht vergessen werden!“

Von Frank Sommer