Erzählcafé der Initiative Hauptbahnhof-Offenbach So erinnern sich Offenbacher an den Bahnhof

Karl-Heinz Eitel moderiert. Neben ihm sitzen die Mitstreiter Manfred Bernhard (von links) und Dirk Schwebs. Foto: Mangold

Offenbach (man) – Niemand mit offenen Augen könnte einem wie Wolfgang Seibert widersprechen. Während des Erzählcafés der „Initiative Hauptbahnhof-Offenbach“ am 19. Dezember in den Räumen der frei-religiösen Gemeinde am Schillerplatz stellte der 70-Jährige fest: „Wenn der Hauptbahnhof die Visitenkarte einer Stadt sein soll, sieht die von Offenbach beschissen aus.“

Schon seit einiger Zeit kümmert sich die 2017 auch von HfG-Studenten gegründete Initiative etwa um die Rundterrasse des früheren Lokals. Offenbach ist zwar eine Großstadt, der Hauptbahnhof strahlt schon lange eine ähnlich trübe Atmosphäre aus wie Haltestellen à la Darmstadt-Nord und Maintal-Ost.

Moderator Karl-Heinz Eitel fragt in die Runde, wer noch Erinnerungen an die Zeit habe, als es dort noch Lokale und Geschäfte gab. Acht Hände gehen hoch. Auch Seibert erzählt aus einer Zeit, als es noch nicht möglich war, einfach auf den Bahnsteig zu gehen: „Die Bahnsteigkarte kostete 20 Pfennig.“ Geld verdiente sich der Junge aber. Vor dem damaligen Amt an der Kaiserstraße 7 stellten Passanten ihre Fahrräder kurz ab. Fürs Bewachen gab es zehn Pfennig. Genauso viel, wie die kleinste Portion Eis bei Delaidotti am Bahnhof kostete.

Für eine 72-Jährige war der Hauptbahnhof immer etwas Besonderes. Sie fuhr als Sechsjährige einmal von Offenbach für sechs Wochen nach St. Peter Ording, auf Geheiß des Gesundheitsamts. Viele Vertreter der Nachkriegsgeneration behielten die Kuraufenthalte als Traumata in Erinnerung. Nicht so die Frau, die sich noch an die Dampflok erinnert, „ohne Eltern mit all den Kindern im Zug, das war klasse“.

Eine andere Frau erinnert sich an den „Skizug“. Der fuhr sonntags nach Gersfeld in der Rhön, zur Wasserkuppe. Lustig sei es zugegangen, „Partystimmung, besonders auf dem Rückweg“. Eine andere Frau berichtet, wie am Hauptbahnhof die Schweine auf dem Weg zum Schlachter in den Zug getrieben wurden. Oft hätten die Tiere dort mehrere Tage gestanden und geschrien.

Andere erinnern sich noch an die Abgabestelle für Gepäck- und Expressgut, „gleich links, wenn man reinkam“. Rechts ging es ins Lokal. Eine Frau sieht sich als Kind mit ihrer Mutter dort essen, „das muss 1958 gewesen sein“. Ohne Fahrschein konnte niemand den Bahnhof als Abkürzung nutzen. Und auch die Toilette ist heute Geschichte.