Helmut Schwoll informierte beim Sozialverband VdK zum Thema Barrierefreiheit Wenn die Treppe plötzlich zur unüberwindbaren Hürde wird

Das Thema Barrierefreiheit kann jeden plötzlich betreffen. Helmut Schwoll gibt Tipps, wie sich Hindernisse aus dem Weg räumen und Zuschüsse beantragen lassen. Foto: Mangold

Offenbach (man) – Das Durchschnittslebensalter steigt auch in Deutschland weiter an. Männer sterben im Schnitt mit 79, Frauen sogar erst mit 84 Jahren. Bis zum Ende ihrer Tage bleiben jedoch längst nicht alle fit zu Fuß. Am 29. April gab Helmut Schwoll, der Vorsitzende des Sozialverbands VdK in Offenbach, am Caritas-Domizil „Kirche am Hafen“ Tipps, wie sich viele Barrieren zu Hause aus dem Weg räumen lassen.

Wenn es um Armut geht, kann sich mancher durch einen Blick aufs Wertpapierkonto oder die eigenen Immobilien suggerieren, „mir wird es immer gut gehen“. Wenn es um Barrierefreiheit geht, denkt sich mancher jedoch schon, man könnte auch selbst mal wie der Ochs vorm Berg stehen, wenn die Rolltreppe an der S-Bahn mal wieder pausiert. Helmut Schwoll erzählt von einem 50-jährigen Mitstreiter beim VdK, dem die Achillessehne riss. Der habe es plötzlich erlebt, wie es sich anfühlt, vor einer Treppe zu stehen und nicht nach oben zu gelangen. „Das Thema Barrierefreiheit kann jeden vom einen auf den anderen Moment betreffen.“

Schwoll benennt Beispiele für Barrieren. Schwer gehbehinderte Offenbacher müssen zusehen, wie sie nach Frankfurt kommen, wenn sie in einen Fernzug steigen wollen. Zu den Gleisen des Hauptbahnhofs führen weder Rolltreppen noch Aufzüge. Der Alltag hält weitere Hindernisse parat. Schwoll erwähnt die anstehende Europawahl. Er habe schon erlebt, wie die Wahlhelfer mit den Unterlagen auf den Hof gehen mussten, weil ein Rollstuhlfahrer nicht hineinkam.

Wichtig bei Treppen sei, dass sie zu beiden Seiten über ein Geländer verfügen. Denn es nutzte nur zum Teil, sich beim Hochgehen mit der rechten Hand festhalten zu können, beim Runtergehen aber die weniger trainierte linke benutzen zu müssen.

Schwoll benennt weitere Barrieren, wie etwa sprachliche. Ämter drückten sich oft derart verquer aus, dass auch er sich erst mal durch die Satzbauten navigieren müsse, „obwohl ich ständig solche Schreiben auf den Tisch bekomme“. Besonders ältere Bürger könnten im öffentlichen Raum mit sinnlosen Abkürzungen oder englischem Kauderwelsch nichts anfangen.

Zuhause wandelt sich das Interieur mit den Jahren in Hindernisse. Ein Fünfzigjähriger kann sich kaum vorstellen, dass sich die Wand der Duschkabine irgendwann nicht mehr überwinden lässt. Das dürfe kein Grund sein, die Wohnung verlassen zu müssen, „man muss zusehen, wie sich eine ebenerdige Dusche einbauen lässt“. Dabei stehe der VdK in Zusammenarbeit mit der Stadt auch Nichtmitgliedern beratend zur Seite, „wir kommen in die Wohnung und sehen uns das an“. Oft kann schon helfen, die Möbel umzustellen, den Teppich so zu legen, dass kein Fuß hängen bleiben kann.

Schwoll warnt vor übereiltem Handeln, wenn jemand vorhat, einen Zuschuss zu beantragen. Der ehrenamtliche Berater erzählt von einem Bekannten, der sich im eigenen Heim einen Treppenlift einbauen ließ. Hinterher stellte er bei der Pflegeversicherung seiner Krankenkasse einen Antrag. Damit ging der Mann den falschen Weg, „er hätte den Antrag vor dem Einbau stellen müssen“. Dann hätte er bis zu 4.000 Euro an Zuschuss bekommen. Wer sich erst nach Vollzug meldet, geht leer aus. Generell gelte, dass die Kasse nur ordentliche Rechnungen akzeptiert, „wenn Nachbar Karl das macht, bringt das nichts“. Oft seien es jedoch schon Kleinigkeiten, wie ein Haltegriff hier und dort, die einem das Leben erleichterten, „das verschreiben die Ärzte“.

In Sachen Wohnraum steht der VdK Offenbach dienstags und mittwochs zwischen 14.30 und 17.00 telefonisch unter Z 069-833544 beratend zur Verfügung. Mail: kv-offenbach-stadt[at]vdk[dot]de