Kaffeebohne aus misslicher Lage befreit Tüfteln im Repair Café des Offenbacher Vereins Lebenszeiten

Peter Opl tüftelt an einem CD-Players, den Erika Herrlich mitgebracht hat. Foto: Mangold

Offenbach (man) – Dass die Volkswirtschaft zuweilen paradoxe Züge trägt, ließ sich 2009 in der Folge der Kreditkrise durch den Lehmann-Bankrott beobachten. Um die Konjunktur anzukurbeln und Arbeitsplätze zu sichern, lobte die Bundesregierung eine sogenannte Abwrackprämie aus. Wer seinen Wagen verschrottete, auch wenn der noch problemlos fuhr, bekam 2.500 Euro geschenkt, wenn er sich stattdessen ein fabrikneues Modell kaufte. Man zerstörte funktionsfähiges Material, um sich vor dem materiellen Elend zu schützen.

Insofern wirkt das, was der Verein Lebenszeiten im Gemeinschaftsraum des Mehrgenerationenhauses an der Weikertsblochstraße anbietet, fast ein bisschen subversiv. Der Raum dient jedes Vierteljahr als sogenanntes „Repair-Café“. Wer sich vom ständigen Kauf neuer Geräte kein zusätzliches Lebensglück verspricht, der lässt sich hier helfen.

Zum Repair-Café hatten Organisatorin Mahshid Najafi und ihre Mitstreiterinnen Franziska Rosenau und Sandra Borchert wieder für den 31. Januar eingeladen. Das Prinzip funktioniert wie folgt: Wer mit einem kaputten Gerät erscheint, wird von den Frauen in eine Liste eingetragen. Ab 20 Leuten endet die Liste allerdings zwangsläufig. Schließlich wäre es für die ehrenamtlichen Helfer nicht zumutbar, noch um Mitternacht in den Geräten nach abgelösten Drähten zu suchen.

„Nicht selten sind die Probleme ganz banal“, erklärt Werner Röder. Beruflich arbeitet er als IT-Spezialist. Mit dem Innenleben von technischen Geräten kennt er sich seit der Kindheit aus. Den Eltern gehörte ein Elektrogeschäft. Röder erzählt von einer Espressomaschine, die wahrlich nicht weggeschmissen werden musste, „eine Kaffeebohne hatte sich verhakt, mehr war da nicht“. Jetzt kümmert sich Röder um Teile einer Kompaktanlage von Martha Walther, die nicht mehr so umschaltet, wie sie sollte. Walther wohnt ihn der Nähe und erfuhr durch Hörensagen vom Repair-Café, „das spricht sich herum“.

Ziel ist es ansonsten, den Leuten möglichst beizubringen, wie sie ihre Geräte selbst reparieren können. „Manchmal kann es sogar helfen, sie einfach auf- und wieder zuzuschrauben“, spricht Peter Opl aus Erfahrung, „dann war wohl nur ein Wackelkontakt die Ursache“. Der Diplom-Ingenieur kümmert sich gerade um den CD-Player von Erika Herrlich. Der steht sonst in einem Altenheim im Frankfurter Stadtteil Hausen, wo sich Herrlich engagiert. Das CD-Fach lässt sich nicht mehr öffnen. Martin Kräuter ist heute der dritte Mann, der sich darum kümmert, dass möglichst viele Geräte wieder funktionieren. Die Erfolgsquote liegt bei geschätzten 70 Prozent.

Wer ein Gerät vorbei bringt, muss einen Haftungsausschluss unterschreiben, damit niemand hinterher behaupten kann, erst ein ehrenamtlicher Helfer hätte es zerstört. Wer warten muss, kann sich derweil einen Kaffee gönnen. Das Repair-Café bietet seine Hilfe zwar kostenlos an, Spenden sind aber natürlich willkommen.

Sandra Borchert berichtet, wie einmal ein Mann fürchtete, lange warten zu müssen, obwohl er zeitig gekommen war. Der Grund: „Er sagte, er habe seine Nummer vergessen.“ Worauf ihn Borchert aufklärte, man sei auf keinem Amt, „wir rufen jeden mit Namen auf“.

Hinterher müssen die Helfer nicht mit leeren Magen nach Hause gehen. Für heute hat Mahshid Najafi den persischen Eintopf Ghormeh Sabzi gekocht. Im Sommer, wenn es hierzulande ausnahmsweise mal nicht regnet, „dann essen wir zusammen im Hof“.

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