Lesung und Diskussion in der Stadtbibliothek Unternehmer setzt auf „fremden Erfolgsfaktor“

Der Buchautor Jamal Qaiser und die TV-Journalistin Julia Bauer bei der Veranstaltung. In „Der fremde Erfolgsfaktor“ redet der Unternehmer einer gezielten Einwanderungspolitik das Wort. Foto: Mangold

Offenbach (red) – Viele müssen am 24. Mai in der Offenbacher Stadtbibliothek auf die Empore steigen. Unten finden sie zur Lesung des Unternehmers Jamal Qaiser keinen Platz mehr. „Der fremde Erfolgsfaktor“ nennt sich sein Buch mit dem Untertitel, „Warum wir in Deutschland die Einwanderer dringend benötigen“. Den Abend moderiert TV-Journalistin Julia Bauer.

Auch Oberbürgermeister Horst Schneider erscheint. Er bedauert, noch keine Zeit gefunden zu haben, das Buch zu lesen. Aber er bat seinen Referenten zu prüfen, ob „Der fremde Erfolgsfaktor“ für die Anwesenheit eines Oberbürgermeisters ausreichend „politisch korrekt“ geschrieben sei. Der Mitarbeiter gab offensichtlich grünes Licht, „sehr sachlich, sehr durchdacht“, gibt Schneider wieder.

Christian Zarm, Vorsitzender des Deutschen Presse Verbands, erklärt, die Bundesrepublik verstehe sich nach wie vor nicht als Einwanderungsland. Die deutsche Greencard sei mit den nordamerikanischen Vorbildern kaum zu vergleichen. Durch die Nazizeit bedingt, gäbe es wohl Hemmungen, anderen Ländern qualifizierte Kräfte abzuwerben.

Anschließend spricht Abdullah Uwe Wagishauser, der Vorsitzende der muslimischen Ahmadiyya-Gemeinde in Deutschland, der auch Jamal Qaiser angehört.

Qaiser, in Pakistan geboren, in London aufgewachsen und mit acht Jahren nach Deutschland gekommen, sei einer, „der das Land liebt, in dem er lebt“. Das religiöse Gesetz des Islams gebiete, sich in das Land einzubringen, „unter dessen schützendem Dach ich lebe“.

Der Autor erklärt anfangs, er habe sich über Jahre mit dem Problem eines überalterten Deutschlands beschäftigt. Um den Wohlstand zu erhalten, müsse die Bundesrepublik zum einen qualifizierte Kräfte leichter ins Land lassen, zum anderen die Kinder der Immigranten gezielt fördern. Das habe man in der Vergangenheit sträflich versäumt.

„Das Schulsystem versagte“, konstatiert der Autor, „Kinder mit Migrationshintergrund blieben damals schlicht auf der Strecke. Man steckte sie entweder in die Sonderschule oder sie erlebten ihre Schulzeit lediglich als Zaungäste“, liest Qaiser vor.

Erst in den letzten Jahren gebe es zaghafte, wenn auch nicht einheitliche Ansätze, eingewanderten Kindern in der Schule erst mal die Sprache beizubringen. Man dürfe Kinder nicht bloß deshalb in eine Haupt- oder Realschule stecken, weil sie die Sprache nur mangelhaft beherrschten, zumal der Schritt „zur nächst höheren Stufe viel zu kompliziert ist“.

Qaiser redet der Gesamtschule das Wort, wie sie in Ländern wie Großbritannien oder den USA längst flächendeckend bestehe, „bis zu zehnten Klasse sind alle zusammen“.

Es müsste ausgebildeten Kräften erleichtert werden, legal nach Deutschland zu kommen. Die Grenzen sollten jedoch kontrolliert werden. Qaiser spricht von der Pflicht des Staates, sich auch unter dem Sicherheitsaspekt die Leute genau anzuschauen, die ins Land wollten.

Ein weiteres Thema des in Harvard ausgebildeten Eigentümers eines Private-Equity-Unternehmens ist die Steuergesetzgebung. Es gehe ihm nicht darum, weniger Steuern zu bezahlen, sondern um ein vereinfachtes System. Qaiser erzählt von einem spanischen Malermeister, der sich im deutschen Abgabendickicht von Körperschafts-, Umsatz- und Einkommensteuern nicht auskannte und sich wunderte, dass von 100 000 Euro am Ende nichts blieb.

Großunternehmen hätten hingegen die Möglichkeit, findige Steuer-Advokaten zu beschäftigen, die Gewinne so lange durch Holdings schleuderten, „bis offiziell alles weg ist“. Wer Einkommen erziele, müsse leicht erkennen können, was an netto vom Brutto bleibt.

Generell setzt Jamal Qaiser auf ein Wir-Gefühl in der Gesellschaft, das sich entwickeln müsse. Es sei befremdlich, wenn seine Tochter gefragt werde, woher sie komme: „Wir alle sind Deutschland und keine 30 deutsche Nationen.“

Am Ende der Veranstaltung bekommen Horst Schneider und der Integrationsbeauftragte Luigi Masala einen Scheck in Höhe von 500 Euro für die Flüchtlingshilfe überreicht. Spender ist der in Offenbach lebende Undercover-Journalist Shams ul Haq, der republikweit aus Flüchtlingsunterkommen berichtet.