„Gespenst von Canterville“ letztmals aufgeführt Unverändert aktuell

Für zwei Personen: Frank Geisler als Dramaturg Alfons und Sarah C. Baumann als Intendantin Marta erzählen die Geschichte des Gespenstes Sir Simon de Canterville. Foto: Klein

Offenbach – Wenn zwei sich streiten, freut sich das Publikum. Nach diesem Motto haben Frank Geisler und Sarah C. Baumann das Stück von Oscar Wilde adaptiert. Als mürrischer Dramaturg Alfons und Intendantin Marta streiten sie, ob sie „Das Gespenst von Canterville“ aufführen und erzählen so, nebenbei, die Geschichte des armen Schlossgespenstes.

Der amerikanische Botschafter Hiram B. Otis zieht mit seiner Familie in das Schloss Canterville in England ein. Warnungen vor dem Schlossgespenst Sir Simon de Canterville, das für zahlreiche Nervenzusammenbrüche früherer Bewohner verantwortlich ist, schlägt er in den Wind. Dem in England vorherrschenden Glauben an das Übernatürliche begegnet die Familie mit amerikanischem Pragmatismus und Materialismus. Botschaftertochter Virgina etwa schlägt dem Gespenst vor, doch mit nach Amerika zu kommen, dort könne es auf Jahrmärkten und im Zirkus auftreten. Als das Gespenst erstmals mit rasselnden Ketten dem Botschafter Otis begegnet, erschrickt dieser nicht, sondern empfiehlt dem Geist, die Kette mit Aurora-Schmieröl einzufetten und schenkt ihm ein Fläschchen.

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Obwohl das Stück für die beiden Schauspieler nicht neu ist, wirkt es sehr aktuell. Etwa wenn Dramaturg Alfons gleich zu Beginn des Stückes auf die Bühne stolpert und flucht, dass wegen Corona im Theater alles leer und Dunkel sei. Die Idee das Gespenst von Canterville aufzuführen überzeugt ihn nicht. „Was wollen wir aufgeklärten Menschen des 21. Jahrhunderts denn noch mit Gespenstern“, murrt er „So etwas in Zeiten von Harry Potter. Zu Oskar Wildes Zeiten war das vielleicht ein Thema“, so Alfons weiter. Anders Intendantin Marta. Die Rücklagen seien aufgebraucht, die Corona Hilfe werde gekürzt. Man dürfe sich keinen Flop mehr leisten. Egal ob es sich um Schmieröl oder Pinkertons Fleckenentferner für den Blutfleck am Boden handelt, ständig überlegt sie, welche Firma dafür als Sponsor in Frage kommt.

Die Besucher, die im Zimmertheater ganz nah am Geschehen sind, erklärt sie kurzerhand zum Testpublikum, das schließlich auch das arme Gespenst beim schrecklichen Brüllen unterstützen muss. In der Geschichte hat das Gespenst schließlich Angst vor der Familie anstatt umgekehrt, doch schließlich wird es von Otis Tochter Virgina erlöst und findet nach über 300 Jahren seine wohlverdiente Ruhe.

Langanhaltender Applaus ist den beiden Schauspielern sicher. Frank Geisler verabschiedet die Besucher mit den Worten:„Ich hoffe, sie bald wieder zu sehen und irgendwann in maskenfreie Gesichter zu blicken.“ Die direkte Resonanz des Publikums sehen zu können, das vermisse sie schon sehr, sagt Sarah C. Baumann.

Nun ist erst einmal Winterpause. Für Mitte Januar planen beide die nächste Aufführung, sofern Corona es zulässt. Auch ließe sich das Gespenst der Pandemie doch auch nur mit Schabernack und Pinkertons Fleckenentferner vertreiben.

VON PETER KLEIN