Holocaust-Gedenktag in Rödermark Ausstellung über Karl Plagge

Bis zum 9.Februar einschließlich können die Ausstellungstafeln rund um Leben und Wirken von Karl Plagge von montags bis freitags von 8 Uhr bis 16 Uhr in der Nell-Breuning-Schule besichtigt werden. Foto: Ziesecke

Rödermark (chz) – Bewegende und noch heute betroffen machende Momente in der Nell-Breuning-Schule am vergangenen Freitag: seit dem Holocaust-Gedenktag ist hier eine Ausstellung mit Schautafeln rund um Leben und Wirken des in Darmstadt geborenen Karl Plagge zu Gast. Sein Lebensweg hatte ihn nach Litauen als Major Chef einer großen KFZ-Reparaturwerkstätte der Wehmacht geführt, wo er seine Möglichkeiten nutzte, um jüdische und polnische Zwangsarbeiter menschenwürdig unterzubringen und etwa durch rechtzeitige Warnungen deren Deportation zu verhindern. Plagge rettete so rund 250 Juden das Leben, die ihn später aus Dankbarkeit gesucht und bekannt gemacht haben.

Die Initiative zur Ausstellung hatte der Urberacher Klaus-Joachim Rink – Enkel des von den Nazis verfolgten Gewerkschafters Aloys Georg Rink – gegeben, „um dem Populismus vorzubeugen“. Er ist Mitglied der Darmstädter Geschichtswerkstatt.

NBS-Rektorin Christine Döbert erinnerte bei der Eröffnung daran, dass solche Informationen Zeichen der Erinnerung für die Älteren sind, aber für Jugendliche oft völlig abstrakt. „Deshalb versuchen wir in der Schule Erinnerungen konkret zu gestalten“, etwa über Fahrten nach Auschwitz, um jene Zeit für die kommende Generation wach zu halten. Das sei gerade heutzutage, wo wieder Ressentiments gegen das Erinnern laut werden, wichtig, um die Wachsamkeit zu stärken. Den Geschichtskursen sowie ihren Kollegen werde sie empfehlen, die Ausstellung zu besuchen.

Bürgermeister Roland Kern erinnerte an die Erinnerungskultur, die in Rödermark mit der Gedenkstätte etwa und den Stolpersteinen gepfegt und mit dieser Ausstellung fortgesetzt werden. Spätestens seit gewählte Parteivorsitzende wieder von ganz öffentlich von einer „dämlichen Bewältigungskultur“ sprechen, sei das Reden und Weitergeben wieder zur Bürgerpflicht geworden.

Gedenken ist Bürgerpflicht

Begleitet von seiner Frau, berichtete Christoph Jetter von der Geschichtswerkstatt Darmstadt e.V. über Fakten, von der regionalen Lage der Werkstätten, in denen Plagge in Litauen arbeitete, bis hin zu den Einfallsrouten der deutschen Wehrmacht nach Russland und den Zahlen ermordeter Juden – in Litauen allein finden sich 220 historisch bekannte Stellen für Massenmord. Noch emotionaler wurde es, als Konrad Hesse – ein Patenkind von Karl Plagge – von seinen Erinnerungen an ihn berichtete, der seit seiner Taufe 1938 bei Hesse zuhause ein- und ausging.

Plagge hatte sich entgegen den Eltern für eine humanistische Erziehung Hesses ausgesprochen: Es ist wichtig alles zu lernen, was man über einen Menschen wissen muss. Diese zutiefst humanitäre Haltung Plagges hatte Hesse allerdings auch einmal zwei Ohrfeigen eingebracht, als er seinen Hund auf ein Mädchen gehetzt hatte, das ihm Unrecht getan hatte: „Du musst dir merken: auf Schwächere wie auf Frauen darfst du niemals deine Macht ausüben!“