Landgericht verurteilt Betrüger zu vier Jahren Falscher Polizist muss ins Gefängnis

Rödermark/Darmstadt – Der angebliche Polizist fand auch im Telefonbuch von Rödermark aus der Mode gekommene Vornamen. Am Hörer gab er sich als Oberkommissar Stefan Hofmann aus und brachte alte Leute dazu, einem Kurier ihr Bargeld zu geben. Die 10. Strafkammer des Landgerichts Darmstadt verurteilte ihn zu vier Jahren Gefängnis. Wegen seiner Drogensucht tritt der 21-Jährige die Haft in einer geschlossenen Entziehungsanstalt an.

Staatsanwalt Konstantin Koch hatte ursprünglich sieben Fälle angeklagt. In einem hatte ein 77-Jähriger 20 000 Euro verloren. Dieser Punkt ließ sich dem Angeklagten jedoch nicht zweifelsfrei nachweisen. Ein Polizist tippte gar, ein Konkurrent habe sich an ihm rächen wollen: „Da rief jemand unter dessen echten Namen an.“

Richter Jens Aßling erklärte in der Urteilsbegründung, bis ins letzte Detail habe sich der Sachverhalt nicht aufklären lassen. Das lag auch an einem Zeugen. Der 29-Jährige hatte der Polizei erzählt, auf welche Art sein Kumpel versucht, an Geld zu kommen.

Der habe ihm angeboten, dabei mitzumachen. Zum Schein sei er darauf eingegangen, damals stand er aber mit der Polizei schon in Kontakt. Leicht scheint es Richtern und Schöffen nicht zu fallen, dem Mann seine uneigennützige Motivation zu glauben, den Freund anzuzeigen, um ihn zu schützen. Von dem hochrangigen Vertreter eines arabischen Clans aus Bremen, mit dem der Angeklagte zu Prozessbeginn geprahlt hatte, wisse er nichts.

Die Polizei war dem falschen Kommissar durch den Wink des Zeugen auf die Schliche gekommen, der aus einem Hotelzimmer im Libanon telefonierte. Den Ermittlern gelang eine Telefonüberwachung, weshalb die meisten Betrugsversuche ins Leere liefen.

Das Milieu, in dem sich der Angeklagte bewegt, dokumentiert ein abgehörtes Telefonat. Darin behauptet er, in einem Knast in Bayern zu sitzen. Der Deutsch-Muttersprachler und Fachabiturient spricht in einem Jargon von „Digger, ich schwör’“, „Hurensohn“ und „Alder, mir kann keiner was.“

Am ersten Prozesstag hatte die Mutter des Angeklagten ausgesagt. Die Pädagogin erzählte eindringlich, wie ihr Sohn in den Drogenkonsum abglitt. Auch er selbst hatte eingeräumt, seit Jahren abhängig zu sein und zuletzt Unmengen Cannabis, Kokain und Wodka konsumiert zu haben. Richter Aßling hatte ihm entgegengehalten, „falls Sie eine Gefängnisstrafe in einer Entziehungsanstalt absitzen sollten, müssen Sie sich mit ganz anderen Dingen auseinandersetzen“.

Der forensische Gutachter Dr. Peter Haag sieht bei dem 21-Jährigen noch nicht vollendete Ansätze „einer dissozialen Prägung“. Der vermutete Drogenkonsum habe nicht dazu geführt, dass der Angeklagte nicht mehr gewusst habe, schuldhaft zu handeln. Die Aussichten für einen Therapieerfolg sieht Haag „weitgehend günstig“.

Staatsanwalt Konstantin Koch fordert viereinhalb Jahre Gefängnis. Koch sieht gewerbsmäßigen Betrug in sechs Fällen, „dreimal versucht, dreimal vollendet“. Vom massiven Drogenkonsum wisse man nur vom Angeklagten selbst, „das reicht nicht für die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt“.

Das sieht Verteidiger Klaus-Peter Knauf anders, der eine Vorstrafe erwähnt, „ohne Suchtdruck hätte mein Mandant niemandem wegen 16 Gramm Cannabis eine Schreckschusspistole vorgehalten“. Knauf hält für die „schändlichen Taten“ dreieinhalb Jahre für ausreichend und fordert: „Er muss aber in Therapie, sonst kommt er raus und alles geht so weiter.“

Der Angeklagte erklärt, er habe sich vor Gericht auch von seiner schlechten Seite gezeigt. Seine Taten wertet er als „unter aller Sau, die müssen bestraft werden“. Die Zeugenaussagen der Geschädigten hätten auf ihn beeindruckt.

Richter Jens Aßling spricht neben den vier Jahren Gefängnis, die mit zwei Jahren Entziehungsanstalt beginnen, den Geldeinzug von 4 450 Euro aus. Dem Angeklagten gibt es mit auf den Weg, „die Therapie ist kein Selbstläufer. Sie haben Ansätze, die mich skeptisch stimmen.“

Von Stefan Mangold