Interessierte Neuntklässler fragen Rödermärker NS-Zeitzeugen gegen das Vergessen Heimliche Kreuzzeichen vor dem Hitlergruß und Bomben als Spielzeug

Vor den neunten Klassen der Nell-Breuning-Schule erinnerten sich die Rödermärker NS-Zeitzeugen Elfriede Lotz-Frank und Franz Kern an ihre Kindheit im Dritten Reich. Foto: Ziesecke

Rödermark (chz) – Aktionswoche in vielen Klassen der Oswald-von-Nell-Breuning-Schule in Ober-Roden, während ihre Abiturienten die ersten Arbeiten schreiben- in den neunten Klassen lautet das Thema diesmal „Jugend im Nationalsozialismus“. Dafür hatte Geschichtslehrer Hajo Sbick beim Rödermärker Heimat- und Geschichtsverein zwei Zeitzeugen eingeladen, die Urberacherin Elfriede Lotz-Frank, 1936 geboren, und den Ober-Röder Franz Kern, 1932 geboren und während der entscheidenden Jahre in der Trinkbornschule. Sie berichteten lebendig und eindrücklich von ihrer Kindheit und ihrer Schulzeit im Nationalsozialismus. Und sie beeindruckten die Schüler spürbar, die während zweier Unterrichtsstunden durchwegs konzentriert und neugierig die Berichte verfolgten, unterbrachen und nachfragten. Sie waren sichtlich irritiert, als Elfriede Lotz-Frank davon berichtete, wie sie als Kinder nicht explodierten Bomben vor dem Haus spielen „durften“ oder wenn sie von ihrem Geburtstag im Juli 1944erzählte, als sie in den Odenwald gefahren waren, um dort ein paar Beeren zu sammeln, aber umgehend wieder zurückreisten, weil sie übers Radio Kunde bekamen, dass von Darmstadt her eine Fliegerstaffel Richtung Urberach zog. Ab Sommer 1944 gabs keinen geregelten Schulunterricht mehr, und als am Heiligen Abend die Bomben flogen, dachte sich Elfriede Lotz-Frank: „Das kann nicht sein, wie soll denn da das Christkind zu uns fliegen?“

Franz Kern erinnerte sich, dass sein allererster Schultag ihn vorbei am geschändeten so genannten „Judenhaus“ in der Frankfurter Straße führte, wo die Auswirkungen der Reichskristallnacht ihre Spuren hinterlassen hatten. Elfriede Lotz-Frank erzählte, wie sehr im Krieg auf Feldpost gewartet wurde, und Franz Kern ergänzte, dass 80 Prozent der im Krieg eingezogenen Ober-Röder gefallen sind – da wurde es doch sehr still in der Pausenhalle der NBS. Widerstand im praktischen Leben zuhause in Ober-Roden und Urberach war praktisch unmöglich, doch auch dazu wusste Franz Kern ein Beispiel: „Offiziell war Widerstand unmöglich. Aber wir hatten einen Lehrer, der, wenn er hereinkam, ganz schnell das Kreuzzeichen schlug, ehe er den Arm zum ‚Heil Hiter!’ ausstreckte!“

Mit der Aktionswoche trug die Nell-Breuning-Schule in den neunten Klassen eindeutig zum ganz entschiedenen Kampf „gegen das Vergessen“ bei, gerade auch was die eigene Heimat der Schülerinnen und Schüler und die Rödermärker Vergangenheit betrifft.