Eine oft unbequeme Zielgruppe

Junge Stadtverordnete diskutierten nach der Kommunalwahl im Juz Ober-Roden vor Ort und digital mit Jugendlichen. Diese Form des Dialogs soll fortgesetzt werden. Foto: eyssen

Jugendliche sollen mehr Plätze bekommen, an denen sie einfach chillen und abhängen können. Da dies nicht immer geräuschlos geht, fordern Politiker aller Parteien die Nachbarn auf, ein Auge oder Ohr zuzudrücken.

Rödermark – Quer durch die Bank sind sich Politik und Verwaltungsspitze einig: (Klein-)Kinder und Senioren stehen im Fokus des Interesses, Jugendliche werden eher stiefmütterlich behandelt. Oder wie es Bürgermeister Jörg Rotter in der Sitzung des Stadtparlaments sagte: „Wir sind das Thema im Magistrat nicht offensiv angegangen.“

Nach Anträgen von FDP, SPD und der CDU/AL-Koalition ging das Parlament nun in die Offensive. Aus fünf Anträgen zur Jugendpolitik wurde ein gemeinsamer Antrag, dessen Formulierung sich am Ende weitgehend mit denen der FDP deckten. Die Verwaltung soll Plätze suchen, an denen Jugendliche sich ohne Programmangebote einfach treffen und abhängen können. Egal, ob langjährige Stadtverordnete wie Dr. Rüdiger Werner (FDP) und Brigitte Beldermann (AL) oder politischen Newcomer wie Florian Brehm (CDU), Lars Hagenlocher (SPD), Sebastian Donners (FDP) und Jan Sittig (Freie Wähler): Tenor aller Aussagen: Ein paar Bänke und Tische reichen aus. Zielgruppe sind ältere Kinder und Jugendliche, die mit Vereinen ebenso wenig am Hut haben wie mit Jugendzentrum Oer-Roden oder „SchillerHaus“ Urberach.

Die Erlaubnis, sich auf Spielplätzen zu treffen, ist nach Ansicht vieler Politiker eine Alternative. Immer wieder genannt wurde zudem der Bolzplatz in der Seligenstädter Straße. Konflikte mit den Nachbarn nehmen die Parlamentarier in Kauf. Auch Anwohner müssen Toleranz beweisen, wenn’s mal laut wird oder Dreck liegen bleibt, forderte unter anderem CDU-Mann Brehm.

Dass Krach zwischen Ruheliebenden und Feiernden nie ausgeschlossen werden kann, zeigt der Ober-Röder Waldfestplatz. Eine Gruppe, die sich bezeichnenderweise „Partylöwen“ nannte, nervte Nachbarn dermaßen penetrant, dass die immer wieder die Polizei riefen.

Die Politik habe bei Jugendlichen oft zu große Erwartungen geweckt, räumte Bürgermeister Rotter ein. Sein Vorschlag: keine breit angelegten Grundsatzdiskussionen mehr, sondern konkrete Projekte. Das vermeide „teure Luftschlösser“ wie das einst mit vielen Vorschusslorbeeren bedachte „Beteiligungsmodell Mehrgenerationentreff Maiglöckchenpfad“.

Die Verwaltung soll künftig einen Kostenrahmen vorgeben. Es bringe nichts, die Finanzen bei einer Ideensammlung außen vor zu lassen. Wird ein Projekt anhand der Realität nämlich kleindiskutiert, ist der Frust umso größer.

Abgeblitzt ist die FDP mit ihrer Forderung nach einem Runden Tisch, an dem Jugendliche, Politik und Verwaltung zu festen Terminen zusammenkommen. Stephanie Grabs und ihr Team aus der Fachabteilung sorgen dafür, dass beide Seiten miteinander im Gespräch bleiben. Die Kompetenz des städtischen Personals steht auch für den CDU-Fraktionsvorsitzenden Michael Gensert außer Frage: „Vielleicht ist es ja sinnvoll, zu manchen Themen die Fraktionen nicht einzuladen.“

VON MICHAEL LÖW