Restaurierte Kreuzigungsgruppe verspätet eingeweiht Spiritualität und Kultur

Pfarrer Klaus Gaebler segnete die restaurierte Pietà.

Urberach – „Was lange währt, ist einfach wunderbar geworden!“ Das war eine elegante Entschuldigung von Bürgermeister Jörg Rotter dafür, dass die restaurierte Pietà an der Darmstädter Straße erst jetzt statt wie geplant an Himmelfahrt eingeweiht wurde. Doch das Lob ist durchaus berechtigt: Aus dem Eck zur Kreuzgasse hin ist ein Schmuckstück geworden, einschließlich der Bepflanzung (unter anderem mit vier jungen Linden), dem Brunnen und einer Sitzbank. Das gut 250 Jahre alte Denkmal wurde zum Schmuckstück für ganz Urberach.

Bei einer Fahrradtour vermerkte Reinhard Berker schon vor drei Jahren, dass die Bedeutung dieses Platzes nicht gewürdigt wird. Das ließ weder die Kirchengemeinde St. Gallus noch die Quartiersgruppe Urberach ruhen. Sie nahm diesen Platz „in Obhut“ und trug (finanziell ebenso wie mit viel Tatkraft) dazu bei, dass aus diesem Platz „ein echter Bürgerplatz“ wurde, wie es Durdica Jablonski beschrieb.

Neues Herzstück des Platzes ist die Pietà (der tote Leib Jesu wird der Mutter übergeben), die bei Steinmetz Richard Löbig aus Münster restauriert und nun von Pfarrer Klaus Gaebler gesegnet wurde. Eine Mauer aus Bruchsteinen grenzt das Kunstwerk ab. In einer Mauernische wird das Sühnekreuz präsentiert, das bisher hinter der Kreuzigungsgruppe versteckt stand. Als Abdeckplatten verwendet Patrick Sprey vom auf solche Arbeiten spezialisierten Bauunternehmen in Seligenstadt Steine der alten Urberacher Friedhofsmauer.

Zwischen Rosenhöhe und Bulau ist die Pietà nun wieder eine der vier großen Landmarken in Urberach, direkt an der wichtigsten Straße nach Dieburg und wohl markanter Punkt auf einer früheren Wallfahrtsstrecke. Die Geschichte ist auf zwei großen Tafeln zu lesen, die rechts und links der Skulpturengruppe an dem Mauerstück angebracht wurden.

Maßgeblich beteiligt am Gelingen dieser kulturgeschichtlichen Wegmarke ist Peter Knapp, Architekt und Heimat- und Geschichtsforscher, der seit 2021 die Restaurierung begleitet, eine Studie erstellt und die historischen Fakten gesammelt und letztlich Angebote eingeholt hat. Die Kreuzigungsgruppe wurde um einen Meter versetzt, der ursprünglich unterirdisch stabilisierende Teil dienst nun als Sockel.

„Der gesamte Prozess ist ein Beispiel dafür, was man alles erreichen kann, wenn die Bürger an einem Strang ziehen“, betonte Bürgermeister Rotter. Die Pfarrgemeinde St. Gallus, der Heimat- und Geschichtsverein, Anwohnerin Maria Schließmann ebenso wie Familie Thomas Seitel und manche Nachbarn mehr, die „Freunde im Dinjerhof“, viele ungenannte Spender haben die Restaurierung ebenso wie die Quartiersgruppe unterstützt. Die hat eine der neuen Linden einschließlich fünfjähriger Anwachsgarantie finanziert – allein das waren etwa 600 Euro. Einen beträchtlichen Anteil hatte die Sparkasse, aber vor allem war es die Stadt, die sich mit 50.000 Euro beteiligt hat. Doch es hat sich gelohnt, und auch Bauleiter Peter Knapp, der diese Ecke von Kindesbeinen an miterlebt hat, ist zutiefst zufrieden damit: „Heut Nacht um halb drei hat mich meine Mutter aufmerksam gemacht, ich soll mir das doch mal anschauen: Die im Boden eingelassene Beleuchtung hat die Pietà strahlend erleuchtet; es war wunderbar!“ Und Bürgermeister Rotter ergänzt: „Dieser Platz verbindet Spiritualität und Kultur!“
 chz