„Ukrainische Kinder in der Schule unterrichten“

Ein Auto, voll bepackt mit 22 Ranzen, brachte Ursula Tüncher vom Netzwerk Integration in Rödermark vorbei und übergab sie Caritas-Mitarbeiterin Jennifer Engelmohr.

Rödermark – Eine Wagenladung bunter Schulranzen, lauter aktuelle und geprüfte Modelle, blitzsauber und voll funktionsfähig, hatte das Netzwerk für Flüchtlinge in Rödermark (NIR) gesammelt und brachte sie rechtzeitig zum Schulanfang zu den Kindern ukrainischer Kriegsflüchtlinge. Im Parkhotel im Rollwald, derzeit voll mit rund 350 Menschen jeden Alters belegt, übergab NFR-Vorstandsmitglied Ursula Tüncher die Spende an Jennifer Engelmohr von der Caritas.

Ihre Schwester Angela Tüncher hatte wieder in der Trinkbornschule dafür geworben, beim Wechsel an weiterführende Schulen ausrangierte und nicht mehr gebrauchte Schulranzen zu spenden.

„Wir haben das ja schon ein paarmal gemacht. Begonnen hat das mit der Auslandshilfe der Freien evangelischen Gemeinden. Zeitweise haben wir die Spenden aufgeteilt – teils an die Auslandshilfe und teils an Geflüchtete in Rödermark. In diesem Jahr haben wir vom Netzwerk die Caritas angesprochen, die uns sehr erfreut den Weg geebnet hat“, erklärt Ursula Tücher. Und das mit dem Weg-Ebnen ist tatsächlich wörtlich zu nehmen: Am Eingang zum Hotelpark erwartet die Besucher bereits ein Security-Mitarbeiter, ebenso im Eingangsbereich, während ein weiterer regelmäßig über das Gelände streift.

Auf dem Gelände leben zur Zeit rund 25 Kinder unter sieben Jahren und rund 50 Kinder, die nach den Ferien eingeschult werden. „18 junge Leute werden hier schon als Übergangsklasse unterrichtet. Weitere Räume gäbe es genügend, aber eine direkte Integration ist uns lieber als eine Art Ghetto. Nur in den ersten Monaten gab’s keine andere Lösung“, berichtet Caritas-Mitarbeiterin Jennifer Engelmohr, im Parkhotel zuständig für die Begleitung von Ehrenamtlichen und für den Aufbau von Hilfsangeboten und Präventionsmaßnahmen. Dazu kommen zahlreiche Kinder aus der Ukraine, die außerhalb wohnen und schon in der Grund- beziehungsweise weiterführenden Schulen unterrichtet werden.

Die Sprache ist auch viereinhalb Monate nach dem Einzug der ersten Ukrainer die größte Herausforderung. Jennifer Engelmohr arbeitet mit vier Kolleginnen und Kollegen, die teilweise russisch und ukrainisch sprechen; manches wird über Englisch kommuniziert. Im Parkhotel leben jetzt ausschließlich Menschen, die aus der Ukraine geflüchtet sind. Dazu zählen auch Studentinnen und Studenten aus anderen Ländern, die sich vor dem Krieg in Sicherheit gebracht haben. Die deutsche Bürokratie stellt sie vor eine ungewisse Zukunft, vor allem finanziell.

„Die Zeit hier ist schwer für alle Geflüchteten; sie haben ja praktisch nichts zu tun, und dauernd Urlaub ist auch nicht das Wahre!“ Selbst das Kochen ist ihnen abgenommen. Sie bekommen im Hotel Vollverpflegung. Sie könnten jetzt zwar in die Deutschkurse starten, aber die Volkshochschulen und andere Einrichtungen in Ober-Roden, Dietzenbach, Obertshausen oder Offenbach haben in den Ferien überwiegend geschlossen. Weitere Angebote erhofft Jennifer Engelmohr durch Sportcoaches. „Wir haben Listen ausgehängt, welche Sportarten die Bewohner machen möchten, das versuchen wir jetzt mit genauen Plänen zu koordinieren.“ Auch Jobcoaches kamen anfangs ins Hotel, um Erstanträge zu bearbeiten. Das stellte sich als sehr hilfreich heraus. Die weiteren Schritte müssen allerdings vom Kreishaus in Dietzenbach aus geschehen.

Normalerweise arbeitet Jennifer Engelmohr von Seligenstadt aus im gesamten Kreis Offenbach. Nun aber ist sie zentral im Parkhotel eingesetzt, gemeinsam mit ihrem aus dem Iran stammenden, aber schon über 20 Jahre in Deutschland lebenden Kollegen Bardia Sharifzadeh.

Mehrere Familien sind aus unterschiedlichen Gründen in die Ukraine zurückgekehrt. Doch die 350 Betten sind immer noch voll belegt. Es sind keineswegs nur Frauen und Kinder, sondern auch zahlreiche Männer mit einem „Invalidenschein“, der es ihnen erspart, zuhause in der Armee zu kämpfen.
 chz

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