Umjubeltes Neujahrskonzert

Das Johann-Strauss-Orchester Budapest mit den Solisten Christin Enke-Mollnar (Sopran) und Lianghua Gong (Tenor) brillierte in der Kulturhalle.

Ober-Roden – Starke Traditionen vermochte die Corona-Pandemie zu blockieren, aber glücklicherweise nicht auf Dauer zu brechen. Das Neujahrskonzert in Rödermark zählt zu eben dieser Kategorie. Sehnsüchtig wurde es vermisst von seiner treuen Fan-Gemeinde in den Phasen von Lockdown und Funkstille. Doch jetzt, bei der Renaissance zum Auftakt des Reigens mit der Kennziffer 2023, waren Erleichterung, Freude und Begeisterung dafür umso größer. 585 Gäste sorgten für eine prall gefüllte Kulturhalle und spendeten am Ende der zweistündigen Sonntagsmatinee lange Applaus für das Johann-Strauss-Orchester Budapest sowie die Solisten Christin Enke-Mollnar (Sopran) und Lianghua Gong (Tenor).

Kaum sind die ersten Takte der Ouvertüre aus „Eine Nacht in Venedig“ gespielt, stellt er sich auch schon ein, der Wiedererkennungsef-fekt. Das 25-köpfige Ensemble aus Ungarns Hauptstadt, das in Rödermark seit einer gefühlten Ewigkeit für den musikalischen Muntermacher nach dem Jahreswechsel sorgt, präsentiert sich mit altbewährter Präzision und Harmonie.

Es klingt just so, wie ein gutes Orchester der Walzer-, Polka- und Operetten-Sparte klingen sollte: Weich und herrlich fließend die Streicher, die gleichsam einen Klangteppich ausrollen, auf dem sich die Bläser hinzugesellen, markant, aber nicht dominant. Feinfühlig verzahnt: So hält Dirigent Gábor Werner seine professionellen Instrumentalisten in sensibel austarierter Balance. Wohltemperiert, ohne Effekthascherei in den Fortissimo-Passagen, wie ein geschmeidig seinen Weg nehmender Fluss – so gleitet die Musik dahin, wie ein Spiegelbild der „Schönen blauen Donau“, die als Programmklassiker natürlich ebenso wenig fehlen darf wie andere Perlen aus dem Fundus von Johann Strauß Junior. Seine „Rosen aus dem Süden“ duften ganz wunderbar, sie setzen einen akustischen Glanzpunkt der besonderen Art. Populäres aus der Operetten-Feder von Franz Lehár bietet den Solisten Gelegenheit, das Publikum mit Stimmkraft und Charme zu umschmeicheln. Lianghua Gong, ein gebürtiger Chinese, der in Deutschland (Theater Bielefeld) festes Ensemblemitglied ist und den Ungarn bei Tourneereisen Gesellschaft leistet, lässt auf der Bühne nicht lange auf sich warten und steht mit „Gern hab’ ich die Frau’n geküsst“ erstmals im Rampenlicht.

Wenig später, und schließlich auch als Duett-Partnerin, folgt die aus Siebenbürgen stammende und ebenfalls in Bielefeld beruflich verankerte Christin Enke-Mollnar. Sie ist nicht nur eine Meisterin der hohen Töne, sondern auch der dazugehörigen Posen. Kokett, graziös, mit strahlendem Finale. Derart eindrucksvoll präsentiert, entpuppt sich „Dein ist mein ganzes Herz“ als einer, wenn nicht gar der Publikumsfavorit des Konzerts.

Als dessen Zugabe erklingt schlussendlich der Radetzky-Marsch von Johann Strauß Vater. Tradition verpflichtet, Wien lässt grüßen. Und das mitklatschende Auditorium signalisiert mit jedem Handschlag: Das hat gutgetan, endlich wieder ein Jahresauftakt mit Livemusik in gewohnter Manier, mit Gütesiegel, mit Sternchen.