Beim Schärfseminar mit Messerschmiedin Andrea Müller werden Messer gewetzt Freude an scharfen Klingen

Messerschmiedin Andrea Müller präsentiert ihre Gesellenstücke. Bild: sh

Altstadt (sh) – Auf den Holzbrettchen liegen Gurken, Selleriestangen und Paprika bereit, aber in dem Frankfurter Traditionsgeschäft „Waffen Dotzert“ steht nicht etwa ein Kochkurs auf dem Programm. Die acht Teilnehmer, die sich nach und nach in der Töngesgasse 21 einfinden, wollen lernen, wie man Messer richtig schärft. Dazu haben sie ihre eigenen „Schätzchen“ von zuhause mitgebracht – vom kleinen Kneipchen bis zum vielseitigen Outdoor-Messer ist alles dabei. Begrüßt werden sie von Andrea Müller, die den Familienbetrieb in vierter Generation führt und gelernte Messerschmiedin ist.

Sie babbelt Frankfurterisch und auch das Flipchart, auf dem unter anderem der Ablauf des Schärfseminars zu lesen ist, ist charmant in Mundart verfasst. Sie sprüht vor Leidenschaft für ihren Beruf und straft all jene Betriebe Lügen, die seinerzeit, als sie sich bei ihnen für eine Ausbildung beworben hat, unverblümt gesagt haben: „Mädsche, des packst du eh net.“ Sie fand einen Ausbildungsbetrieb in Memmingen. „Der dortige Chef hatte vorher nicht ausgebildet, weil er in seinem Betrieb niemanden übernehmen konnte. Bei mir war klar, dass ich wieder zurück nach Frankfurt gehe. Das passte dann“, berichtet die 57-Jährige. Er hatte seine „Azubine“ schließlich auch zum Bundesleistungswettbewerb der Handwerksjugend geschickt, aus dem die Messerschmiedin als Bundessiegerin hervorging. In der Berufsschule in Neustadt an der Saale war sie die einzige Frau bei den Messerschmieden. „Ich habe das Handwerk gelernt, weil ich wollte, dass es mit unserem Geschäft, das es seit 1879 in Frankfurt gibt, weitergeht“, erzählt Müller. Auf ihre Lehrzeit blickt sie gerne zurück. „Es war cool!“, sagt sie. Das Reparaturschleifen von Messern und Scheren hat ihr großen Spaß gemacht und ist ihr in Fleisch und Blut übergegangen. Kein Wunder, dass sie einen kleinen Teil ihres Wissens in Schärfseminaren gerne an Interessierte weitergibt.

Hobbyköche und Freizeitsportler lassen sich in dem Kurs nicht nur das Schärfen der Klingen an verschiedenen Wetzstäben und Schärfblöcken erklären, sondern erfahren auch, wie Messer am besten aufbewahrt und gepflegt werden. „Ich habe mir auf Youtube angeschaut, wie Messer geschärft werden, aber jeder macht es dort anders. Wie geht es denn nun richtig?“, erklärt eine Teilnehmerin, warum sie ins Seminar gekommen ist. „Man nutzt den kompletten Wetzstab und führt die komplette Klinge in etwa im Zehn-Grad-Winkel von oben nach unten“, erläutert die Expertin. Dasselbe auf der Rückseite. Andrea Müller und ihre langjährige Mitarbeiterin Tabea Fiebich korrigieren die Teilnehmer, bis die Bewegungen fließend und sicher laufen. „Das hat schon etwas Meditatives“, stellt ein Teilnehmer fest. Erfreut erkennt die Gruppe beim Kleinschneiden der Gemüsesorten, dass sich die frisch geschärften Klingen viel leichter durch die Lebensmittel führen lassen. Müller lächelt zufrieden. Gute Messer und Scheren aus dem Fachhandel sind zwar teurer, dafür aber auch extrem langlebig – also nachhaltig. „So manches Schneidwerkzeug, das Kunden uns zum Schleifen in den Laden bringen, hat auch schon mal 70 Jahre auf dem Buckel“, berichtet sie.

Die Seminare werden online auf dotzert.de zeitnah angekündigt.

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