Ein Spaziergang mit Björn Wissenbach durch das Nordend Von Synagogen und drei L

Björn Wissenbach führt durchs Nordend. Der Bethmannpark ist eine der Stationen. Bild: Jeannette Faure

Nordend (jf) – Treffpunkt für die Gruppe, die sich zur Führung „Vom Uhrtürmchen bis zur Höhenstraße“ der Frankfurter Stadtevents angemeldet hatte, war die Kreuzung Sandweg/Pfingstweidstraße, direkt gegenüber dem Uhrtürmchen. Björn Wissenbach begrüßte die Interessierten und fragte: „Wo befinden wir uns hier eigentlich?“ „Im Ostend“, bemerkte eine Frau. Und hatte recht: Der Sandweg hat eine Seite, die zum Ostend gehört, die rechte stadtauswärts zählt zum Nordend.

Auf dieser „Grenzstraße“ lohnt sich ein Blick in die Geschichte des nahe gelegenen Zoos. 1858 im Westen der Stadt eröffnet, zog er 1874 an die Pfingstweide. „Der Zoo war sehr beliebt. Von außerhalb kamen die Menschen nicht ins Sündenbabel Frankfurt, sondern fuhren in den Zoo“, sagte Wissenbach. Noch ein historischer Blick auf die Friedberger Anlage. Wie die Teilnehmer erfuhren, stand in der Nummer 7 bis 1938 Frankfurts größte Synagoge, im Zweiten Weltkrieg wurde ein Hochbunker gebaut, in dem sich heute eine Erinnerungsstätte befindet. In der Friedberger Anlage zwischen Zeil und Berger Straße wohnte der Kaufmann Jakob Latscha. Sein Slogan: „Latscha liefert Lebensmittel“ fand sich in drei L im Logo wieder. „1892 öffnete das erste Geschäft, 1912 gab es 72 Filialen, das Unternehmen mit etwa 250 Dependancen existierte bis in die 70er Jahre“, waren die Daten, die beim Rundgang geliefert wurden.

Im Baumweg stößt man auf eine aktive Synagoge, 1906 erbaut und von Moritz und Johanna Oppenheimer gestiftet, war dort bis 1938 ein jüdischer Kindergarten. Nach 1945 wurde im Gebäude eine Synagoge eingerichtet, lernten die Teilnehmer.

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Wer war eigentlich Julius Heyman? Die Frage nach der Persönlichkeit wurde ebenfalls geklärt: Ein Bankier, Stifter und Kunstsammler, der in der Palmstraße ein museales Haus und eine unglaubliche Kunstsammlung hatte, die er der Stadt vermachte. In der NS-Zeit wurde sie in alle Welt verkauft.

Noch so ein dunkler Punkt in der Geschichte ist die Klingerschule: Wie zu erfahren war, war dort während der Naziherrschaft eine Kaserne eingerichtet und später wurde dort jüdischer Hausrat versteigert. Heute beherbergt das Gebäude wieder eine berufliche Schule

Bis zum Bethmannpark und dem angrenzenden Chinesischen Garten ist es nicht weit. Wissenbach weist auf einen Mauerbogen hin, da floss einst der Elkenbach durch den großen Garten. Den Bach gibt es noch, allerdings unterirdisch und angebunden an die Kanalisation. Das Gewächshaus, in dem heute der Pflanzendoktor Hinweise gibt, war früher ein fensterloses Kamelienhaus. Für exotische Früchte begeisterten sich die Bethmanns ebenfalls. Die Ananas wurden jedoch zunächst als Tischdeko vermietet und erst danach gegessen, lautete eine Anekdote.

Vorbei geht es am Merianbad, in dem heute noch geduscht werden kann, zum Luisenplatz. „Mein Traum wäre mitten auf diesem Platz ein Schalenbrunnen, das würde im Sommer gut ankommen“, bemerkte Wissenbach. Da stimmten alle zu.

Die Bornheimer Heide war ein Flurstück zwischen Frankfurt und dem östlich gelegenen und 1877 eingemeindeten Dorf. Erst im 19. Jahrhundert wurde sie überbaut. Am 3. Oktober 1785 stieg der französische Ballonfahrer Jean-Pierre Blanchard mit seinem Heißluftballon von der inzwischen gerodeten großen Fläche auf. „Er hatte einen Hund mit einem Fallschirm bei sich, den er aus der Gondel warf. Das Tier landete wohlbehalten auf der Erde. Der Ballon soll mit einem ungewöhnlichen Südwind bis nach Weilburg gekommen sein“, gab Wissenbach zum besten. Eine schachmusterartige Zeichnung auf einer Giebelwand eines Hauses erinnert an dieses Spektakel.

Das Nordend ist mit 54.000 Einwohnern der zweitbevölkerungsreichste Stadtteil. Die 4,76 Quadratmeter große Fläche kann kaum in einer Tour erkundet werden. Deshalb gibt es auch drei Führungen dazu.

Interessierte finden Infos dazu unter frankfurter-stadtevents.de.