Forstamtsleiter informiert über Zustand des Waldes „Es regnet zu wenig“

Informationen von Experten: Melvin Mika (2. von rechts) und Gabi Rutschmann-Becker ( rechts) beantworten Fragen zum Zustand des Waldes in Zeiten des Klimawandels.

Dietzenbach – Die Stadt ist umsäumt von prachtvollem Mischwald. Auf 800 Hektar (etwa ein Drittel der Dietzenbacher Gemarkungsfläche) stehen vor allem Kiefern und Fichten, Buchen und Eichen. „Der Dietzenbacher Wald besteht zur Hälfte aus Nadelwald, zu einem Viertel aus Buchen und das letzte Viertel sind Eichen“, erläutert Forstamtsleiter Melvin Mika bei der Führung „Wald im Klimawandel“.

Die knapp einstündige Wanderung durch den Wald zeigt den Schaden, den der Klimawandel bereits verursacht hat.

Ursache sei die Trockenheit: „Es regnet zu wenig“, sagt Mika. Er habe erst letztens festgestellt, dass der Dietzenbacher Waldboden extrem trocken ist. „In 20 Zentimeter Tiefe haben wir nur ein Drittel der benötigten Feuchte.“ Auch liege in Dietzenbach eine besondere Situation vor: „Der Waldboden ist durch eine Lehmschicht nach unten abgeschlossen“, erklärt er. „Der Regen fließt dadurch nicht ab, sondern sammelt sich wie in einer Badewanne.“ Das hat einen großen Nachteil: „Wenn die Bäume die Badewanne leer getrunken haben, kommt von unten kein Wasser nach.“ Da der Regen ausbleibt, ist die „Dietzenbacher Badewanne“ also oft ausgetrocknet, die Bäume werden schwach und anfällig. Das habe sich im August 2019 gezeigt, als in wenigen Minuten große Teile des Euler-Walds vernichtet wurden. „Bei einer weiteren Klimaerwärmung um ein Grad Celsius steigt die Windgeschwindigkeit um weitere 20 Stundenkilometer“, erklärt Mika.

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„Jeder kann nachvollziehen, was das für unsere Wälder bedeutet.“

Und tote Bäume gibt es viele im Dietzenbacher Wald. Nach nur wenigen Metern deutet Revierförsterin Gabi Rutschmann-Becker auf eine tote Buche. Das wird leider nicht der einzige tote Baum heute bleiben, denn an der nächsten Biegung werden vier weitere folgen. Meist sind es Fichten, Kiefern und Buchen, die absterben. Eichen haben den Vorteil, dass sie Pfahlwurzler sind, sich also das dringend benötigte Wasser aus der Tiefe holen können.

„Was machen Sie mit den toten Bäumen?“, will eine Teilnehmerin wissen. „Wir müssen zwischen einer realen Gefahr und Wirtschaftlichkeit unterscheiden“, erklärt die Fachwirtin. „Wenn der Baum mitten im Wald steht, wo er von selbst umfallen kann, dann lassen wir ihn natürlich stehen.“ Wenn der Baum aber in der Nähe einer Siedlung oder an einem viel genutzten Waldweg steht, muss er natürlich gefällt werden. Ein kritisches Beispiel sei der stark begangene Weg zwischen der Siedlerstraße und dem Waldparkplatz an der B459. „Hier fahren viele Radfahrer und viele Menschen gehen hier spazieren“, sagt Rutschmann-Becker und zeigt auf mindestens fünf tote Bäume, die sehr nah am Weg stehen. „Wenn die jetzt umfallen, dann sind sie eine Gefahr für Passanten.“ Deshalb würde man demnächst das Gespräch mit der Stadt suchen und den Weg vorsichtshalber sperren müssen.

Die Führung endet schließlich am Waldstück, dessen Rodung vor einigen Monaten für Unmut bei Anwohnern sorgte (wir berichteten). „Hier mussten Hunderte Fichten gefällt werden, die tot waren und eine Gefahr für die Passanten und die Anwohner darstellten“, erklärt Mika. „Im Gegenzug werden wir hier Stieleichen anpflanzen, die mit der Trockenheit viel besser zurechtkommen.“ Der Dietzenbacher Wald wird also schrittweise dem Klimawandel angepasst. Eichen sollen Nadelbäume und Buchen ersetzen. Wie man dem Wald helfen könne, fragt eine Teilnehmerin zum Schluss. Der Tipp der beiden Fachwirte: „Jeder muss selbst schauen, was er gegen den Klimawandel tun kann.“

Von Burghard Wittekopf