Rundgang mit Kommunalpolitikern Verschnaufpause für den Wald

Bei einer Begehung mit Bürgermeister Martin Burlon und Kommunalpolitikern berichteten Forstamtsleiter Melvin Mika (Vierter von links) und Revierleiter Stefan Neubrandt (links daneben) über den Zustand des Waldes. Bild: jost

Dreieich – Es ist ein paar Jahre her, dass Bürgermeister Martin Burlon gemeinsam mit den Stadtverordneten und dem Forstamts- und Revierleiter den Zustand des Dreieicher Stadtwalds begutachtet hat. „Damals war ich noch kein Forstamtsleiter und der Wald noch in einem besseren Zustand“, sagt Melvin Mika, der seit dreieinhalb Jahren Forstamtsleiter ist.

Zusammen mit Revierleiter Stefan Neubrandt informiert er über die aktuelle Lage. In eineinhalb Stunden geht es um die unter der Trockenheit der vergangenen Jahre leidenden Bäume, die Verkehrssicherungspflicht der Stadt, den Schädlingsbefall, aber auch um erfreuliche Projekte zum Schutz des Waldes. Mit dabei sind auch Christa Mehl-Rouschal als Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Umwelt- und Naturschutz, Sylvio Jäckel vom DLB als Baumfachmann, Petra Klink, die DLB-Geschäftsführerin, und Konstantin Dörholt vom Umwelt- und Energiemanagement der Stadt.

Die erste Station ist der Parkplatz am Waldfriedhof in Dreieichenhain. „Hier können wir gut erkennen, wie sehr die Buchen unter dem Wassermangel gelitten haben“, sagt Mika und deutet auf nur noch wenige vorhandene Bäume vor dem Waldfriedhof. „Die Buchen waren hier an dieser Stelle 35 bis 40 Meter hoch und rund 140 Jahre alt. Es ist zu sehen, der alte Baum wird nur noch bis zur Mitte grün“, erklärt Revierleiter Neubrandt und deutet auf einen der wenigen verbliebenen hohen Bäume, „der Baum erholt sich nicht mehr davon. Er wird ganz absterben“. An einem öffentlichen Platz wie dem Waldfriedhof sei die Stadt gezwungen, die Verkehrssicherungspflicht zu wahren und die alten Stämme zu fällen, bevor sie bei Wind unkontrolliert auf den Parkplatz fallen. „Allein im vergangenen Jahr haben wir hier vier Buchen fällen müssen“, berichtet der Revierleiter, „aber die oberste Priorität ist, dass niemandem etwas passiert.“

„Im Wald lassen wir viele der geschädigten Bäume stehen. Sie sind als Totholz wichtiger Lebensraum für Fledermäuse, Spechte, Insekten und andere Tiere“, erläutert der Forstamtsleiter. Immer wieder gebe es auch Bemühungen, am Waldrand Bäume als Habitate zu erhalten und mit Hilfe von Baumkletterern nur Kronen und Teile des Stammes zu fällen. „Wir haben aber im Forstamtsbezirk rund 400 Kilometer Waldrand, die wir jährlich kontrollieren. Da ist es allein aus Kostengründen nicht möglich, immer den Baumkletterer zu schicken, der nur einen Teil kappt. Dann müssen wir oft ganz fällen“, sagt Mika.

Der Regen der vergangenen Monate macht den Wald-Experten etwas Hoffnung. „Die schon richtig beschädigten Bäume haben nichts mehr davon, aber der Wald im Gesamten kann durchschnaufen und sich ein bisschen erholen. Ehrlich gesagt, ich hoffe auch auf einen verregneten Sommer. Das würde unseren Wäldern guttun“, betont der Forstamts-Chef. Vielleicht sorge das nasskalte Klima zudem für eine geringere Population der Eichenprachtkäfer, der im 208 Hektar großen Stadtwald bisher glücklicherweise nur in Buchschlag aufgetreten sei, aber derzeit im Forstamt Langen große Sorge bereite.

Die Fachleute setzen auf eine Naturverjüngung des Waldes, die auch in vielen Bereichen gut funktioniere, wenn die Rehe nicht zu viel abfressen. Die Tiere mögen den zarten Trieb der Eichen besonders gerne. Weil Rehe – und das Wild in den heimischen Wäldern ganz allgemein – keine natürlichen Feinde mehr haben, müsse die Population gezielt durch die Jagd kontrolliert werden. „Wir pflanzen auch gezielt nach, aber aus Kostengründen nur auf rund fünf Prozent der Flächen“, informiert Mika die Kommunalpolitiker. Dabei setzen die Mitarbeiter des Forstamtes auf Mischwälder mit Stileichen, Kastanien, Winterlinden, Hainbuchen oder Douglasien.

Bei vielen Herausforderungen und Sorgen haben Melvin Mika und Sylvio Jäckel auch gute Nachrichten. Die Stadt Dreieich ist als erste Kommune im Kreis Offenbach in das Bundes-Förderprogramm „Klimaangepasstes Waldmanagement“ aufgenommen worden. Das bedeutet eine jährliche Förderung in Höhe von 20  000 Euro für die kommenden zehn Jahre vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL).

Mit der Zertifizierung gehen auch einige Auflagen einher, zum Beispiel müssen fünf Prozent der Waldfläche für die nächsten 20 Jahre stillgelegt werden und dürfen nicht mehr für die Waldwirtschaft genutzt werden. Auch die Gassen für die Bewirtschaftung dürfen nur noch alle 40 Meter, anstatt alle 20 Meter gesetzt werden. Das Geld kommt der Stadt sehr gelegen, denn die Einnahmen aus dem Holzverkauf seien rückläufig: „Damit können wir die Mehrkosten für die Verkehrssicherungspflicht auffangen“, sagt Jäckel, der sich für die gute Zusammenarbeit mit dem Forstamt bedankt.

Von Nicole Jost