Künstler zeigen ihre Werke bei den Kunsttagen „ARTig“ Starkes Heimspiel im Capitol

Eine malerische Bühnenshow ergänzt die Dietzenbacher Kunsttage als Sonderprogramm. Bild: Gries

Dietzenbach – Man konnte es sehen und spüren: Die Künstlerinnen und Künstler aus Dietzenbach und Umgebung sind froh, dass sie von der Stadt solch einen schönen Kuppelraum wie das Capitol gestellt bekommen.

Beim Wochenend-Rundgang durch die dortigen „ARTig“-Kunsttage war nicht zu übersehen, mit welchem Eifer und welcher Liebe zur Kunst hier gearbeitet worden ist. So sieht das auch Karsten Zierdt von der Capitol-Verwaltung, der sich mit Niveau und Engagement der 25 beteiligten Aussteller samt der Kunst-Kurse der Heinrich-Mann- und Rudolf-Steiner-Schule sehr zufrieden zeigt. So etwas kannte er aus seinem westfälischen Herkunftsort Witten nicht: „Das steht für die allgemeine Lebensqualität hier.“

Vielfalt künstlerischer Techniken stand auch für gesellschaftlichen Pluralismus, die „einzig wahre Kunst“ gibt es heutzutage nicht mehr. Kunstprophet Joseph Beuys hat sich durchgesetzt mit seiner These „Jeder Mensch ist auch Künstler.“

In seinem Sinne haben sich auch Frauen wie Gabriele Pfeifer aufgemacht, um gleich zu Beginn ihres „Ruhestands“ endlich ungebremst ihrer Leidenschaft zur Kunst nachgehen zu können. Oder sie haben sich wie Chemieingenieurin Utaellamarie Peter aufgemacht, die Malerei in Öl und Acryl zum wichtigen Lebensinhalt zu machen.
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Tourismusexpertin Sabine Försch kann nun endlich vielfältige Erinnerungen und Eindrücke zu vielen Reisen in Gemälde umzusetzen, denen man genaue Kenntnis ihrer „Modelle“ aus dem Orient oder Afrika ansieht. Auch Künstler wie der frühere Lehrer Wolfgang Erb genießen nun das Kunstmachen in vollen Zügen – und werden dabei immer besser. In seinem Fall geht es um die sogenannte „Informelle Malerei“ mit ihrer ganzen Experimentierlust und Freiheit abstrakter Farb- und Formgestaltung.

Andere Aussteller bringen eine hoch qualifizierte künstlerische Ausbildung mit. So die gebürtige Tübingerin Vanessa Ewert, die Kommunikationsdesignerin, die seit 2016 ihre große Begabung zur Malerei auslebt. Sie sagt zu ihren erstklassigen Gemälden figurativer Art: „Für mich ist das Malen ein Eintauchen in eine andere Welt. Jedes Kunstwerk ist ein luzider Traum, den ich selbst beeinflussen kann.“ Ihre realistischen bis leicht surrealen Werke gehören zu den Höhepunkten der Schau – wie auch kostbar gemalte Stillleben von Dorita Jung, Absolventin der Hanauer Zeichenakademie und studierte Malerin, die erfolgreich Kunstkurse bei der VHS abhält. Wie sie ihre „nature morte“ komponiert, arrangiert und zelebriert, ist mehr als nur „Fotorealismus.“ Ein professioneller Künstler ist auch Andrii Kulikov aus Odessa, der neben gekonnter Malerei eine neue Vorliebe für moderne Skulptur entwickelt hat. Ihm zur Seite im Ausstellungskabinett steht die junge Malerin Hanna Kozyrieva aus der Region Kiew. Sie präsentiert eine Serie immer gleicher Frauenakte, an denen sie das Einmaleins moderner Kunst demonstriert: Picassos kubistischen Stil, Dalis surreale Darstellung oder auch den holländischen Mondrian-„Stijl“. Kozyrievas authentisches Gemälde aus dem Ukraine-Krieg lässt allerdings den Atem stocken.

Einzigartig sind auch die Knetbeton-Skulpturen Thomas Stichs, der sogar ein eigenes „Beton-Café“ betreibt. Seit 2015 ist der Absolvent der Offenbacher HfG mit Designer-Diplom vom neuen Material begeistert, das er auch in aufsehenerregende, farbig gefasste Tier-Skulpturen zu verwandeln weiß.

Über alle Zweifel erhaben sind auch die kunstvollen Foto-Arbeiten von Friederike Mühleck zum Eiffelturm und anderen Aspekten der kommenden Olympia-Stadt Paris. Corina Friedrich sucht in ihrem malerisch-zeichnerischen Mikrokosmos auf Papier zu in Südengland und Schottland kennengelernten „Steinkreisen“ immer neue Wege. Ilona Haller aus Dreieich ist figurative Malerei völlig fremd, sie fesselt die absolute Freiheit gegenstandsloser Kunst. Gekennzeichnet ist diese von Schichtungen, Farbschüttungen, verschiedenen Sand- und Mehlarten sowie deren Verwandlung durch Abschürfungen. Auch Carola Gräff faszinieren gegossene, abstrakte Hintergründe, die sie mit Pinsel und Malmesser zu fluiden Landschaften verändert. Gerda Kloidt kann sich kaum zwischen ihrem Hang zur Keramik und Malerei entscheiden, beides wirkt bei ihr originell. Ein Profi in malerischer Behandlung von Acrylmalgründen mit Spachtelmasse, Sand, Leim, Bitumen, Tusche, Schellack und Ölkreide ist der Weiterstädter Volker Senzel. Keineswegs „Laien“ der Kunstausübung sind auch der gelernte Siebdrucker Ronald Steitz, der Fotograf Ralf Spiegel mit seinen Sonnenblumenmotiven oder auch die gebürtige Österreicherin Elfi Thalheim mit ihrer experimentellen Acrylmalerei.

I-Punkt auf der gelungenen Schau sind Dietzenbacher Schülerarbeiten, die hohes Niveau des Kunstunterrichts im eigenen Kabinett belegen – mit Blick auf die malerische Show der schwarz hinterlegten Capitol-Bühne zum Thema „Strukturen“.  rg