Kreis Offenbach ehrt Dieter Ricker mit dem deutschen Bürgerpreis 2019 in der Kategorie „Lebenswerk“ „Jahrzehnte ehrenamtlich fürs Gemeinwohl engagiert“

Der Kreis Offenbach ehrt Dieter Ricker mit dem deutschen Bürgerpreis für dessen Lebenswerk. Foto: man

Mühlheim (man) – Vereine stehen besonders dann hoch im Kurs, wenn Politiker Sonntagsreden oder Neujahrsansprachen halten.

Die Clubs leben durch Menschen, die sich oft über Jahrzehnte ehrenamtlich fürs Gemeinwohl engagieren. Einer davon ist Dieter Ricker. Vor Kurzem ehrte der Kreis Offenbach den langjährigen Vorsitzenden der Turngemeinde Dietesheim mit dem „Deutschen Bürgerpreis 2019“ in der Kategorie „Lebenswerk“.

Fürs Lebenswerk werden normalerweise Schauspieler oder Sportler ausgezeichnet, deren große Filme und Siege schon eine Weile zurückliegen. Bei Ricker führt das in die Irre. Der Mann steht nach wie vor voll im Saft.

Der 73-jährige übernahm den Vorsitz der Turngemeinde 1881 e.V. Dietesheim (TGD), als der Bundesaußenminister noch Hans-Dietrich Genscher hieß und Mühlheims Bürgermeister Werner Grasmück. Seit 1988 wählen die Mitglieder der TGD Dieter Ricker alle zwei Jahre zum Vorsitzenden.

An die Clubspitze kam der Mann, der in der Jugend beim F. C. Kickers-Viktoria Mühlheim kickte, letztlich über ein gegebenes Wort, dessen Ursprung vom Backfischfest rührt. Dort hatte Ricker als 18-jähriger auf der Berg- und Talbahn seine Freundin Doris Jung kennengelernt. Der gelernte Schriftsetzer und die Bankkauffrau verlobten sich 1968. Alfons Jung, der Vater von Doris, gehörte zu den Vorstandsmitgliedern, die 1955 die TGD wieder als eigenständigen Verein auf die Füße stellten. Im Jux forderte Jung von Ricker: „Du heiratest meine Tochter und wirst mal unser Vereinsvorsitzender.“ Beides passierte. Am Anschluss arbeitete Ricker als Maschinensetzer in der Offenbacher Druckerei Giese-Druck GmbH, dann als Abteilungsleiter im Fotosatz der Heska-Druck AG in Klein-Krotzenburg. Bevor die erste von zwei Töchtern zur Welt kam, absolvierte Ricker an der Frankfurter Gutenbergschule in vier Jahren Unterricht nach Feierabend seinen Drucktechniker. Später arbeitete er als Vertriebsbeauftragter der Berliner Firma Bethold-Fotosatz. „Ich habe die goldenen Zeiten der Branche erlebt“, sagt der Mann, der sich bewusst ist, weit mehr Licht als Schatten erlebt zu haben, „alles fügte sich immer zum Guten“.

Ricker ist kein Typ für langes Sitzen auf dem Sofa, „außerdem kann nicht sein sagen“. Als Vereinsvorsitzender verstand er sich nie präsidial, sondern stets als jemand, der seine Vorstellungen zum Wohl der Turngemeinde Dietesheim klar ausdrückt und Position bezieht.

Beim Fußball trug Ricker die Kapitänsbinde. In der Schule ließ er sich zum Klassensprecher wählen. Später saß er an der Offenbacher Marienschule im Elternbeirat oder im Vorstand des Verbands der Druckindustrie.

Außerdem agierte er drei Jahrzehnte bei der IHK Offenbach/Hanau im Prüfungsausschuss für digitale Mediengestalter, „davon zwanzig Jahre als Vorsitzender“.

Ricker erzählt, wie er 2004 beim Land den Antrag auf finanzielle Unterstützung für den Anbau der Sporthalle am Lämmerspieler Weg stellte. Die Halle sollte 2006 zur 125-Jahrfeier fertig sein. In Wiesbaden bekam Ricker aber gesagt, „die TGD steht auf Platz neun der Zuschussliste“. Ziemlich abgeschlagen. Auch, um mit dem Finanzamt nicht in Konflikt zu geraten, erneuerte die Turngemeinde von den Rücklagen die Gaststätte und die Kegelbahn. Drei Jahre später kam plötzlich ein Anruf aus der Landeshauptstadt, ob man an einem Zuschuss noch Interesse habe, „natürlich sagte ich nicht nein“.

Die Halle ist längst umgebaut.

Der Verein konnte sein Angebot deutlich erweitern, kann heute Kurse parallel anbieten, wodurch sich der mühsam an Land gezogene Bankkredit des Clubs besser tilgen lässt. Nicht ohne Stolz konstatiert der Vereinsvorsitzende: „Bis 2024 ist die Schose bezahlt.“