Alle meine Monster auf der Bühne „Die Schöne und das Biest“ als Musical in der Alten Oper

Belle (Kitti Jenes) und das Biest (Sándor Barkóczi) kommen sich näher. Foto: Rald Malzkorn/p

Frankfurt (skk) – Eben tanzte noch das halbe Dorf auf dem Marktplatz, da erhebt sich aus der Menschenmasse der Lauf einer Schrotflinte. „Peng“! Der Schuss sitzt. Die getroffene Ente klatscht leblos auf den Boden. Perfekt. So wie alles an Schönling Gaston, der mit stolz geschwellter Brust durch die Menge stolziert, während sein Diener Lefou zur Beute wieselt.

Filmfans dürfte diese Szene auf der Bühne der Alten Oper bekannt vorkommen. Das Budapester Operetten- und Musicaltheater präsentierte die Musical-Adaption des oscarprämierten Disney-Klassikers „Die Schöne und das Biest“. Die Frankfurt-Premiere am vergangenen Donnerstag traf allerdings nicht ganz so hundertprozentig ins Schwarze wie Meisterschütze Gaston.

Die Geschichte kennen Millionen von Kindern dank VHS-Kassetten und DVDs auswendig: Die schöne Belle (Kitti Jenes) lebt in einem kleinen französischen Städtchen. Sie liest, sie träumt, sie hat eine eigene Meinung – viel zu emanzipiert für das 18. Jahrhundert und die Engstirnigkeit dieser Zeit. „Seht sie euch an, die Kleine ist doch seltsam! Verwirrt, zerstreut und ganz speziell. Lässt sich auf niemand ein, steckt voll Phantastereien. Keine Frage, sie ist komisch diese Belle“, sind sich die Dorfbewohner bereits im ersten Lied des Abends einig.

Technische Probleme überwunden

Viel weiter kommt die Geschichte in der Alten Oper auch erstmal nicht. Nach Gastons (Attila Németh) treffsicherem ersten Auftritt schließt sich der Vorhang und eine Durchsage informiert die erstaunten Zuschauer über technische Probleme. Sollte der eingebildete Schönling neben der Ente auch die Technik getroffen haben? Die Kinder im ausverkauften Saal nutzen die unerwartete Pause für Klatschspiele. Fast so, wie auf den Schulhöfen der frühen 1990er, als auch der Disneyfilm erschien. Nach knapp 15 Minuten hebt sich der Vorhang wieder und das Musical geht ohne neue Zwischenfälle weiter.

Als Belles Vater Maurice (Attila Bardóczy) in die Fänge eines Biests (Sándor Barkóczi) gerät, bietet sich Belle im Austausch als Gefangene an. Das Ungeheuer geht auf ihren Vorschlag ein – ist es doch ein verwunschener Prinz, das in der jungen Frau seine letzte Rettung sieht. Was folgt ist eine torbulente Annäherung zwischen den beiden Dickköpfen Belle und Biest. Und dann sind da noch all die verzauberten Diener, die als Einrichtungsgegenstände ihr Dasein fristen.

Verwunschenes Schloss ist drehbar

In unglaublich einfallsreichen und aufwendigen Kostümen von Erzsébet Túri wird die Illusion auf der Bühne perfekt. Kerzenleuchter Lumière (großartig: Ádám Bálint) kann seine Kerzen brennen lassen, Madame Pottine (Lilla Polyák) dampft als Teekessel vor sich hin und Madame de la Grande Bouche (Ágota Siménfalvy) rollt als Kommode über die Bühne und kramt bei Bedarf in ihren Schubladen.

Auch die Bühnenbilder stehen dem in nichts nach. Das verwunschene Schloss ist drehbar, Wald und Sumpf werden dagegen von der Decke herab gelassen und mit Lichteffekten und Nebel perfekt in Szene gesetzt. Ein Fest für die Augen!

Fell über die Ohren ziehen

Was allerdings auffällt und auch in der Pause für reichlich Diskussionen auf den Fluren sorgt ist die Verständlichkeit der Schauspieler. Fast alle Mitglieder des Budapester Operetten- und Musicaltheaters sprechen mit deutlichem Akzent. Stark bemüht, den deutschen Text dennoch möglichst gut wiederzugeben, spiegelt sich die darstellerische Leidenschaft nicht immer auch in den Stimmen wider. Zeitweise übertönt zudem die Musik des ansonsten wunderbaren Live-Orchesters die Sänger. Vor allem ein Lied von Gaston und dem Leiter des Irrenhauses, Monsieur D’Arque (Attila Pálfalvy), im Sumpf geht vollkommen unter.

Nichtsdestotrotz haben die Zuschauer ihren Spaß an der Inszenierung und nehmen es dem Biest auch nicht übel, das es bei seiner spektakulären Verwandlung am Ende scheinbar erst im zweiten Anlauf schafft, sich selbst das Fell über die Ohren zu ziehen. Zu den stehenden Ovationen am Schluss dürfte auch der Humor des Stücks beigetragen haben, der im Vergleich zum Film an vielen Stellen allerdings deutlich kindlicher ausfiel. So überwog am Ende aber dennoch das Schöne.