Fahrradfahren in Obertshausen? Geht gut, nur manche Autofahrer nerven Mit dem Klapprad durch die Stadt

Engstelle: Von der Leipziger Straße kommend braucht der Radler Richtung Schönbornstraße (links) Selbstbewusstsein. Auch, wenn ihm die eigene Spur Sicherheit geben sollte. Bild: gerth

Obertshausen – Da merkt man erst, wie laut auch ein Elektroauto sein kann. Der Radfahrer hat gleich ein schlechtes Gefühl, denn er weiß, dass sich der Wagen hinter ihm mit viel zu hoher Geschwindigkeit nähert. Tempo 30 ist in der Karl-Mayer-Straße erlaubt, doch auf Höhe des Karl-Mayer-Hauses scheint das Elektroauto nochmals zu beschleunigen – um sofort abzubremsen. Denn der Velofahrer stört die Hatz.

Um die Ecke, auf der Heusenstammer Straße, rauscht der gelb-blaue Dienstwagen des Energieversorgers Maingau dann wie wütend vorbei und ist dabei erneut gefühlt deutlich schneller als die an dieser Stelle erlaubten 30 Stundenkilometer unterwegs. Denn schließlich musste der Fahrer vorhin drei Sekunden warten.

Das ist aber auch schon der nervigste Moment eines Vormittags per Fahrrad durch Obertshausen. Vielleicht lag es an der Uhrzeit, vielleicht am schönen Wetter, vielleicht an den Ferien: Es war eine weitgehend stressfreie Fahrt. Gut, die tellerflache Topografie der Stadt ermöglicht sowieso entspanntes Rollen, und jenseits der Hauptstraßen könnte man wohl auch gefahrlos rückwärts fahren, so gemütlich geht es dort zu.

Aber wie sagte einmal der ehemalige Bundeskanzler Willy Brandt: „Nichts ist so gut, als das es nicht noch besser werden könnte.“ Denn wenige Minuten nach dem Start am Bürgerhaus kündigt sich der übelste Verkehrsknotenpunkt der Stadt an wie das Brodeln eines Wasserfalls: die Gathof-Kreuzung. Ein Blick ins Archiv ergab schwere bis tödlich verlaufene Autounfälle – so eine Bilanz lässt demütig werden.

Doch die Ampelanlage geleitet den Radler sicher hinüber nach Obertshausen. Aber nach ein paar Metern auf dem sicheren roten Radstreifen in der Schönbornstraße wird die Fahrt anstrengender: Denn es geht weiter in die enge Bahnhofstraße, und ab dort konkurriert der Radler ohne Schutzstreifen mit allen Verkehrsteilnehmern. Und weil manche die zulässige Höchstgeschwindigkeit doch außerordentlich elastisch handhaben, heißt es: volle Konzentration.

Deutsche und das Fahrrad – hier gibt es noch keine durchgehende Koexistenz im Straßenverkehr. Städte, die nach dem Zweiten Weltkrieg maximal autofreundlich aufgebaut wurden, werden jetzt so umgestaltet, dass sie allen Mobilitätsformen gerecht werden. Da stöhnt der Autofahrer auf, wenn er plötzlich Platz abgeben muss.

Jan-Georg Knappe, der Klimamanager der Stadt, hatte einmal von seiner Studienzeit in Göteborg erzählt, und wie selbstverständlich und gefahrlos dort die Menschen Rad fahren, dass es Stationen zum kostenlosen Aufpumpen der Reifen gibt.

Und Obertshausen? Hier wird immerhin ein ehrenamtlicher Radverkehrsbeauftragter gesucht. Was diese Kraft wohl vor allem unternehmen sollte: Den Radlern die Angst im Straßenverkehr nehmen. Denn wer in der Leipziger Straße Richtung Schönbornstraße inmitten zweier Kolonnen steht, hat trotz Radweg ein mulmiges Gefühl.

Das hat der Radler auch, wenn er die Seligenstädter Straße weiterfährt in die übergehende Friedrich-Ebert-Straße und er sich ohne Radstreifen wie durch einen Hohlweg kämpfen muss, weil die Straße links- und rechtsseitig zugeparkt ist und von hinten der Autoverkehr spürbar ungern wartet.

Fast zwei Stunden Fahrt später das Fazit: Es geht gut mit dem Velo durch Obertshausen, vorausgesetzt, man sieht von nicht blinkenden Abbiegern, ein paar eiligen Sportsfreunden mit getönten Scheiben und einem übermotivierten E-Autofahrer ab.

Von Steffen Gerth

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Auto- u. Lkw-Fahrer

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