Hanau ist Begleithunden wohl gesonnen Assistenzhunde willkommen

Durch Hochspringen signalisiert Assistenzhündin Mascha ihrem Frauchen Manja Maserati, dass eine Notfallsituation droht.

Hanau – Es ist eine Szene, die so nicht passieren darf: Eine Dame betritt mit ihrem Hund den Drogeriemarkt. Sie wird vom Security-Mitarbeiter darauf hingewiesen, dass das Mitführen von Hunden in diesem Geschäft verboten ist.

Die Hundebesitzerin verweist darauf, dass ihr Hund ein Assistenzhund ist. Sie ist Diabetikerin. Der Hund, der eine spezielle Ausbildung genossen hat, macht seine Besitzerin darauf aufmerksam, wenn sich ihr Insulinspiegel verändert und sie dadurch in eine gesundheitsgefährdende Situation kommen könnte. Der Security-Mitarbeiter kenne nur Blindenhunde, sagt er. Die hätten Zutritt. Alle anderen müssten draußen bleiben. Der Dame wird der Zutritt zum Drogeriemarkt verwehrt.

„Leider sind solche Situationen für Menschen mit Begleithund immer noch alltäglich. Deshalb gilt es, intensive Aufklärungsarbeit zu betreiben“, sagt Hannah Reuther, Botschafterin vom Verein Pfotenpiloten. Dieser hat es sich zur Aufgabe gemacht, mit einer deutschlandweit angelegten Kampagne Aufklärung zu leisten.

In Hanau soll es nun so weit sein. Künftig soll die Stadt assistenzhundefreundliche Kommune sein, um die Umsetzung des Zutrittsrechts für Assistenzhunde aktiv zu unterstützen. An Geschäften, Gastronomie oder öffentlichen Einrichtungen sollen dann Aufkleber auf die Assistenzhundefreundlichkeit hinweisen, Mitarbeiter sollen durch Broschüren aufgeklärt werden. Alle, die mitmachen, werden im Internet in einer sogenannten Dogmap gekennzeichnet. Für die Stadt ist die Aktion kostenneutral.

„Leider herrscht immer noch viel Unwissenheit“, weiß Reuther aus Erfahrung. Sie ist auf ihre Blindenführhündin Daika angewiesen. „Mein Hund ist ein 30 000 Euro teures Hilfsmittel“, sagt sie und meint damit die hohen Ausbildungskosten für das Tier, die in ihrem Fall von der Krankenkasse übernommen wurden. Seit siebeneinhalb Jahren lebt die zehnjährige Labrador-Retriever-Hündin bei Reuther. „Meine Beeinträchtigung ist für jedermann erkennbar. Aber Menschen, die einen Assistenzhund etwa wegen Epilepsie, Diabetes oder Taubheit besitzen, bekommen oft zu hören, dass der Zutritt für Hunde verboten ist. Obwohl jeder Assistenzhund durch eine Decke oder ein Halstuch gekennzeichnet ist und die Hundehalter ein entsprechendes Dokument mit sich führen.“

Deshalb hat sich der Verein der Aufklärungsarbeit verschrieben. „Es gibt seit vergangenem Jahr ein Gesetz, aber leider kennen es die wenigsten“, sagt Reuther. Auch sie selbst hat schon negative Erfahrungen gemacht, zum Beispiel in Arztpraxen. „Dann fange ich an, zu erklären. Oft bin ich damit erfolgreich, aber nicht immer.“ So gebe es auch Geschäftsinhaber, die auf ihr Hausrecht pochten.

Davon kann auch Pfotenpiloten-Botschafterin Manja Maserati berichten. Ihre Hündin Mascha, eine sechsjährige Labrador-Dame, kann als ausgebildeter medizinischer Warnhund die seltene maligne Hypertonie, eine Herz-Kreislauf-Erkrankung, ihrer Besitzerin, bzw. damit verbundene akut steigende Werte, voraussehen. „Mascha merkt das und fängt an, am Bein zu stupsen oder daran hochzuspringen. Sie kann mir ein Medikament holen oder einen Notruf absetzen und auch die Tür aufmachen“, berichtete Maserati. In lebensgefährlichen Situationen ist Mascha auch in der Lage, Straßen zu sperren, denn ihre Besitzerin sieht in einer Notsituation nichts mehr.

Für die Ausbildung von Mascha hat Maserati 28 000 Euro bezahlt. „Man formuliert einen Bedarf für einen Assistenzhund und wendet sich an verschiedene Schulen, die diese Hunde ausbilden, bespricht, welche Hilfeleistungen er leisten muss. Die Schulen vermitteln dann die Hunde. Sie schätzen ein, welcher Hund welches Talent mitbringt, welcher Hund zu einem passen würde. Dann fängt die Spezialausbildung für den Hund an“, beschreibt Maserati. Mascha sei die „beste Entscheidung gewesen, die wir treffen konnten. Wenn auch eine sehr teure“, sagt sie. Die Hündin greife mehrmals am Tag ein und habe schon zweimal den Notruf auslösen müssen.

Seit drei Jahren lebt sie bei der 47-Jährigen und ist seitdem immer an ihrer Seite. Ablehnung hat Maserati beim Einkauf eher selten erfahren, bei Ärzten öfter. „Einmal wollte ich eine schwer erkrankte Freundin von mir im Krankenhaus besuchen, da sind wir am Stationsarzt gescheitert, obwohl ich Unterlagen vorgelegt habe.“

Maserati macht deutlich: „Assistenzhunde sind medizinische Hilfsmittel, die ihre Menschen bei einer Vielzahl chronischer Beeinträchtigungen unterstützen und ihnen so zu viel Lebensqualität und Unabhängigkeit im Alltag verhelfen.“

» pfotenpiloten.org/aw

Von Kerstin Biehl