Der Prinz, Historiker und ein Cousin von König Charles III., wies auf das Alleinstellungsmerkmal des Raumes hin, weil Marie in Philippsruhe gewohnt hat. Vergeblich suchten die Studierenden nach 1000 Briefen Maries an ihren Sohn Wilhelm, „die waren in Privatbesitz vernichtet worden“, wusste der adlige Gast. Auf dem Schriftweg kommuniziert haben die Familienmitglieder, weil sie „schlecht zueinander passend“ waren, hieß es.
„Mary“ wurde am 5. März 1723 im Leicester House in London geboren. Bereits im Alter von 17 Jahren wurde Marie mit dem hessischen Prinz Friedrich verheiratet, dem Sohn von Prinz Wilhelm von Hessen-Kassel. Das galt freilich in erster Linie der „Festigung der Freundschaft zwischen beiden Königshäusern und Religionen“, bildete aber „keine Grundlage für eine harmonische Ehe“. Der Vater dreier Söhne pflegte „sehr zahlreiche Frauenaffären“ und war „heimlich katholisch geworden“, was einen Bruch mit der Familie zur Folge hatte.
Wilhelm beschrieb „Tränen und Klagen der Mutter“, die mit den Kindern nach Göttingen zog. Sie ließ sich nicht scheiden, das Paar sollte sich jedoch nie wieder sehen. Eine weitere Station war Kopenhagen, wo die Söhne Wilhelm und Karl ihre Cousinen, Prinzessinnen von Dänemark, heirateten. 1763 zog Marie „feierlich in Hanau ein“. Dort erwies sie sich als sehr sozial, beschrieb Rainer Prinz von Hessen. Sie präsentierte sich als Bauherrin und Naturliebhaberin, ließ den Garten am Schloss als englischen Park anlegen. „Sie gehörte zu den ersten, die sich gegen Pocken impfen ließ, pflegte einen toleranten Glauben“. Infolge einer Lungenentzündung starb sie mit nur 49 Jahren.
Zur Beschäftigung mit der Prinzessin gelangte Spies in einer Ausstellung zu Leben und Wirken der Landgräfin in Fulda. „Die Trennung von Friedrich II. hat sie zunächst aus der Bahn geworfen, sie stellte sich aber den Herausforderungen, nahm ihr Schicksal in die Hand“, lernte das Seminarteam. 2022 präsentierte es zum 250. Todestag der Prinzessin seine Informationen und zahlreiche Dokumente in Gießen. Nach Hanau gelangten Briefe und Biografie durch Kulturamtsleiter Martin Hoppe.
Oberbürgermeister Claus Kaminsky begrüßte viele Interessierte im Roten Saal, dem ehemaligen Speisesaal, und dankte den Sponsoren. Zwei Dokumente aus dem Nachlass Maries wurden vom Förderverein angekauft. Der OB erinnerte, dass die „bemerkenswerte Landesmutter“, die auch „dem Stadttheater zugewandt“ war, in der nach ihr benannten Marienkirche bestattet wurde. Die Ausstellung „300 Jahre Landgräfin Marie von Hessen-Kassel“ bleibt bis Ende Januar in Philippsruhe, zum Begleitprogramm zählen Vorträge sowie Führungen durch die Marienkirche.
Von Michael Prochnow