Funde an den Geschichtsverein übergeben Aufsehenerregendes aus Römerzeiten

Restauratorin Johanna Pröbstle mit einer ausgegrabenen Keramikschale. Bild: thomas seifert

Bruchköbel – Sie sind nach langer Auswertungszeit und Aufarbeitungsmaßnahmen wieder zurück: aufsehenerregende Funde aus der Römerzeit, die im Jahr 2017 im Neubaugebiet Peller II und III ausgegraben worden sind. Nun wurden sie im Stadthaus dem Geschichtsverein Bruchköbel übergeben, der sie demnächst im Heimatmuseum präsentieren wird.

Im Neubaugebiet wurden 27 römische Brunnen und verschiedene weitere Gegenstände aus römischer Siedlungszeit entdeckt. Die Grabungsfunde werden von den Experten auf das 2. Jahrhundert nach Christus datiert. Nach langwieriger Aufarbeitung und Präparation durch Johanna Pröbstle und dem Team der Ausgrabungs- und Restaurationsfirma Spaun GmbH aus Münzenberg sind die Funde in die Obhut des Geschichtsvereins überführt worden, dessen Vorsitzender Frank Herwig sich über die neuen Exponate für das Heimatmuseum freute.

Nach einer Begrüßung der vielen Gäste im Sitzungssaal des Stadthauses durch den Vorsitzendes des Geschichtsvereins, Frank Herwig, skizzierte Claus Bergmann von der Unteren Denkmalschutzbehörde des Main-Kinzig-Kreises die Situation, in der die Siedlung existierte. Die Römer hatten den Versuch aufgegeben, Germanien zu erobern, sich auf Teile der Wetterau und des Odenwalds beschränkt und dort den Limes gebaut mit den wichtigen Kastellen Großkrotzenburg, Rückingen, Marköbel und Heldenbergen, die gegen die guerillaartigen Überfälle der Chatten Schutz bieten sollten.

Während längerer friedlicher Koexsitenz entstanden rund um die befestigten Lager kleine Dörfer, es wurden zur Versorgung der Truppen und Zivilisten Gutshöfe in die fruchtbare Landschaft gebaut und auch der Handel zwischen den „Barbaren“ und den Römern florierte. Erst als durch innenpolitische Wirren und das Erstarken der Germanenstämme das Gleichgewicht der Kräfte gestört wurde, zogen sich die römischen Besatzer notgedrungen bis an den Rhein. Dieser Vorgang war im 4. Jahrhundert n. Chr. letztlich abgeschlossen.

Laura Hasenstein von der Goethe-Universität Frankfurt hat die Funde zum Anlass genommen, darüber ihre Dissertation zu verfassen, wobei bislang die ersten Vorarbeiten abgeschlossen sind, aber noch viel Arbeit auf die junge Frau wartet. Bisherige Ergebnisse werfen allerdings mehr Fragen als Antworten auf. So zum Beispiel, wofür 27 Brunnen gebraucht wurden, bei denen vermutlich mit einem Schwingschöpfsystem das Wasser gefördert worden ist und wo Fragmente von Holzkästen ausgegraben wurden.

Noch rätselhafter ist auch die vermutliche Form der Häuser, denn sie haben eine rechtwinkelige Grundstruktur und ähneln somit nicht den Streifenhäuser in den römischen Siedlungen um die Kastelle. Auch weichen sie grundlegend von den Gutshöfen ab, von denen in der Gegend viele durch Luftbilder oder Magnetogramme nachgewiesen werden konnten.

Hasenstein fand bei ihren Untersuchungen auch keine für römische Siedlungen typischen Straßen, allerdings lassen sich die Fundgegenstände auf einen Zeitraum von Ende 100 bis Ende 200 n. Chr. datieren. Welche Funktion diese Besiedlung hatte, versucht die Expertin nun anhand der weiteren Untersuchung der Funde zu ergründen.

Schließlich oblag es Restauratorin Johanna Pröbstle, die Arbeitsweise kurz zu skizzieren, wie die verschiedenen Funde aufgearbeitet werden. Eisen wird zuerst geröntgt, kommt dann in ein spezielles Entsalzungsbad, wird anschließend vorsichtig sandgestrahlt und geschliffen, ehe die Einzelteile zusammengesetzt und das Fundstück konserviert wird. Auch Buntmetall, Blei und Silber kommt in ein Lösungsbad, dann wird mit dem Skalpell und Lösemittel der Korpus herausgebildet und das Fundstück ebenfalls versiegelt.

Eine ausgegrabene Ledersohle – selten, weil organisches Material – tränkte die Restauratorin längere Zeit, dann wurde sie monatelang gefrier- und anschließend luftgetrocknet. Nach dieser Prozedur stellte sich heraus, dass die Sohle zu einer Ledersandale eines Legionärs gehörte und aus Rossleder gefertigt war.

Die Keramikfunde wurden zunächst gewaschen, dann die Einzelteile sortiert, zusammensetzt und verklebt sowie teilweise ergänzt und retuschiert.

Insgesamt wurden dem Heimatmuseum Bruchköbel 28 Fundstücke für die geplante Ausstellung übergeben – unter anderem Becher mit und ohne Griesbewurf, eine Urne, Eisengitter, Schlüssel, ein Tüllenbeil mit Nägeln, ein Eimerhenkel, Kettenglieder, eine Pflugschar, Münzen, ein Siebgefäß, ine Ledersohle, ein Blech und weitere Werkzeuge. Ein aufgearbeiteter Holzkasten aus einem der Brunnen soll später im Museum in Hanau-Steinheim ausgestellt werden.
 tse

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