St. Familia und Erlöser der Welt organisieren sich in einem Pfarrgemeinderat Gemeinsam in die Zukunft gehen

Wollen einen Geist der Veränderung schaffen: Karina Reul, Pfarrer Alexander Best und Joachim Rechholz. Bild: holger weber-stoppacher

Bruchköbel – Die Hauptstraße in Bruchköbel war viele Jahre lang eine Trennungslinie zwischen den Pfarreien St. Familia im Norden und Erlöser der Welt im Süden. Und es ist auch kein Geheimnis, dass das Verhältnis der beiden katholischen Kirchengemeinden nicht immer von Eintracht geprägt war. Doch diese Zeiten sind jetzt so gut wie überwunden, glauben Karina Reul und Joachim Rechholz. Beide sind Mitglieder im Pfarrgemeinderat – im neu gegründeten gemeinsamen Pfarrgemeinderat wohlgemerkt. Das Gremium wurde im vergangenen Jahr ins Leben gerufen und beschreibt ein ganz neues Kapitel im Beziehungsgeflecht der beiden Gemeinden.

Noch ist der Pfarrgemeinderat mit je fünf Mitgliedern aus beiden Gemeinden paritätisch besetzt – obwohl Erlöser der Welt mit etwa 1400 Mitgliedern noch nicht einmal halb so groß ist wie St. Familia mit 3300 Angehörigen. Der Größenunterschied der Pfarreien liegt auch darin begründet, dass außer dem Bruchköbeler Norden die beiden Ortsteile Nieder- und Oberissigheim sowie Rüdigheim (Neuberg) und Marköbel (Hammersbach) zum Einzugsgebiet von St. Familia zählen. Schon bei der nächsten Pfarrgemeinderatswahl soll es allerdings keine paritätische Besetzung mehr geben. Dann, so hofft Pfarrer Alexander Best, ist man auf dem Weg der Einheit schon so weit vorangekommen, dass die Herkunft der Mitglieder bei den Gläubigen keine Rolle mehr spielen wird.

Best hat seine Pfarrstelle in Bruchköbel vor eineinhalb Jahren mit dem Ziel angetreten, die pastorale Zusammenarbeit zu intensivieren. Unterstützt wird er dabei von Pfarrer Eric Mambu, einem Subsidiar aus dem Kongo.

Der Alltag in beiden Gemeinden ist längst nicht mehr individuell zu betrachten, vieles läuft bereits in Zusammenarbeit. Gemeinsam sendet man zum Jahresbeginn die Sternsinger aus. Mitglieder aus beiden Gemeinden kommen zum Hauskreis und zu Bibelgesprächen zusammen. Und auch die drei Rejoice-Gottesdienste, die man im Jahr auf die Beine stellt, sind Ergebnis einer Zusammenarbeit. Nicht zu vergessen das Pfarrfest und die große Prozession am Fronleichnamstag auf dem Freien Platz. Erstmals gibt es in diesem Jahr auch nur einen Firmkurs und eine gemeinsame Firmung im November. Weitere Highlights: eine Messdiener-Wallfahrt nach Rom mit 24 Jugendlichen aus beiden Gemeinden sowie der Impulstag im Stadthaus.

Um zu verstehen, dass der Weg zueinander nicht immer einfach war, muss man die Geschichte der Katholiken in Bruchköbel kennen. Das Herz des Katholizismus im protestantisch geprägten Bruchköbel war einst Butterstadt. Erst mit der Ankunft vieler Heimatvertriebener nach dem Krieg wurde das Zentrum der katholischen Gemeinde in die Bruchköbeler Kernstadt verlegt. 1957 wurde die Kirche St. Familia gebaut. Und als die Gemeinde dann zu groß wurde, kam 1980 Erlöser der Welt hinzu. „Viele unserer Mitglieder haben noch selbst fleißig an den Gotteshäusern und den darum entstandenen Gemeindezentren mitgebaut“, weiß Pfarrer Best zu erzählen. Da seien Bindungen entstanden, die man nicht so einfach von heute auf morgen lösen könne, zeigt er Verständnis dafür, dass es manchen Mitgliedern nicht leicht gefallen sei, den neuen Weg der engen Kooperation zu gehen.

Wichtig sei es deshalb, einen Geist der Veränderung zu schaffen, meint Karina Reul. Im neuen Pfarrgemeinderat sei dies bereits gelungen. Dort wird man sich ebenfalls mit den Zukunftsthemen befassen müssen. Auch vor Bruchköbel macht die Welle der Kirchenaustritte nicht halt. Das wirft Fragen wie diese auf: Wie will man es künftig mit den Gemeindezentren halten? Noch sind sowohl das Haus Shalom im Bruchköbeler Norden als auch das Don-Bosco-Haus im Süden ausgelastet – aber ob das so bleibt und ob sich die Gemeinden die Gebäude auf ewig leisten können, vermag auch Pfarrer Best nicht mit Gewissheit zu sagen. Es sind solche strategischen Themen, die künftig die Arbeit des gemeinsamen Pfarrgemeinderats prägen werden.
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