„Die Macht des Sports": Liebe, Hass und Fußball Gespräch im Eintracht Frankfurt Museum

Frauke König legt nach: Sie übergibt Patrick Ochs noch ein weiteres Buch von Ronald Reng – das neuste hatte dieser bereits signiert dem Profi überreicht. Foto: Faure

Sachsenhausen (jf) – Das Thema „Die Macht des Sports“ zog in der ersten Auflage 2014/15 so viele Interessierte ins Eintracht Frankfurt Museum, dass sich die Verantwortlichen entschlossen haben, die Reihe fortzusetzen. Dazu begrüßte Frauke König zur ersten Veranstaltung der zweiten Runde den ehemaligen Eintracht-Spieler Patrick Ochs und den Journalisten und Autor Ronald Reng.

Eintracht-Finanzvorstand Oliver Frankenbach bemerkte vor dem Gespräch: „Mobbing ist ein gesellschaftliches Problem, das auch vor dem Sport nicht Halt macht.“ Zu spüren bekam das auf besondere Weise Patrick Ochs. Von 1991 bis 2002 spielte er in den Jugendmannschaften der Eintracht, ging dann für zwei Jahre in die Amateur-Elf der Bayern, kam 2004 erneut zur Eintracht und wechselte 2011 zum VfL Wolfsburg. Das Brisante: Noch vor Saisonende wurde der Transfer durch einen falsch adressierten Brief bekannt. „In den sozialen Netzwerken hagelte es üble Beschimpfungen“, sagte Ochs.

Trotz des vereinbarten Stillschweigens wurde der Wechsel „durchgestochen“, kam an die Presse. „Die Zeitungen gaben das falsch wieder“, bemerkte der ehemalige Eintracht-Kapitän. Damals las er alles, was im Internet über ihn stand: „Ich glaube, jeder Spieler liest auch heute alles. Aber man muss sich davon freimachen. Wozu tut man sich so was an? Als ich zu Wolfsburg gewechselt bin, habe ich nichts mehr gelesen.“ „Es waren schwierige Wochen für Sie, und die Eintracht bekam nichts mehr hin“, kommentierte Reng. „Ich habe mir vier Wochen lang Gedanken gemacht. Doch wenn durch die Vorstände oder die Zeitungen falsch berichtet wird, kann man nichts machen. Eigentlich beeinflussen solche Dinge die Leistung, ich war aber froh, dass alles rauskam. Ich habe in den letzten beiden Spielen für die Eintracht beste Leistungen gebracht. Den Abstieg konnte ich nicht verhindern.“

„Ich wurde damals beschimpft"

Die Facebook-Hasskommentare seien ein erheblicher Druck für Ochs gewesen. „Darüber sollte jeder mal nachdenken, der so etwas postet“, forderte der Fußballer. „Haben Sie denn darüber mit Freunden gesprochen?“, fragte Reng. „Nein, die wussten ja, wie es mir geht. Und wenn darüber geredet wurde, haben sie mir Mut gemacht“, antwortete Ochs. Auch das Alter spiele eine Rolle: „Andere studieren mit 27 noch, wir im Fußball sind da schon alt“, bemerkte der Profi. „Irgendwann habe ich alles gelöscht, das hätten 80 Prozent der Spieler in meiner Situation genauso gemacht“, bekannte Ochs.

Frankfurt, November 2013. Der VfL ist mit seinem rechten Verteidiger Patrick Ochs in der Commerzbank Arena zu Gast. Gellende Pfiffe gelten dem vermeintlichen „Verräter“. Man höre als Spieler schon, was im Stadion abgehe, aber man müsse sich auf das Spiel konzentrieren, sagte der Fußballer und fügte hinzu: „Auch nach dem Spiel war die Begegnung mit den Fans nicht so schön.“ Jetzt, seit Saisonbeginn wieder in Frankfurt und Kapitän beim FSV, werde Ochs nicht mehr angefeindet. „Ich wurde damals beschimpft, obwohl ich über 200 Mal für die Eintracht gespielt habe. Anderen, die nicht so lange dabei waren, blieb das erspart“, setzt er doch noch hinzu. Er erwähnte Marco Russ, der ebenfalls ausgepfiffen wurde. „Dann wird bei ihm eine Krankheit diagnostiziert, und der Mensch wird von einer Minute auf die andere völlig anders wahrgenommen.“

Berichte aus einer schweren Zeit

„Lassen sich Hass-Tiraden im Internet stoppen?“, wollte Reng noch wissen. „Das sehe ich im Sport nicht. Jermain Jones wollte den Dialog, war aber wenig erfolgreich“, äußerte Ochs. „Mich kann jeder fragen, aber nur wenige suchen den persönlichen Kontakt.“ „Was ist mit der Konkurrenz im Fußball? Von 25 Spielern können nur elf auf den Rasen. Wie geht man damit um?“, fragte Reng. „Im Fußball wird das Team groß geschrieben, aber nicht jeder kommt mit der Konkurrenzsituation zurecht. Auf dem Platz gibt es keine Einzelkämpfer. Wenn es dem Gegner gegenüber ruppig zugeht, entschuldigt man sich hinterher. Man kann nicht nur mit Schön-Spielern arbeiten, muss aber reagieren, wenn es zu hart zugeht.“ Das sei kein Mobbing, sondern Erziehung, unterstrich Ochs. Er berichtete noch einiges aus seiner Zeit beim VfL unter Trainer Felix Magath – es war eine harte Zeit. „Aber jetzt geht es mir bestens beim FSV“, sagte er am Schluss des Gesprächs.