Start-Up-Unternehmen „OMC˚C“ stellt flexibles Begrünungssystem an Senckenberganlage vor Innovation für grünere und kühlere Innenstadt

Mit dabei: Hans-Georg Dannert (Klimareferat), Stadträtin Rosemarie Heilig, Philipp Eisenbach (B&G), Petra Fuchs (Wetterdienst), Andreas Mulch (Senckenberg). Bild: -

Bockenheim (iz) – Sachte bewegen sich die bewachsenen Segel im Wind. Kapuzinerkresse, schwarzäugige Susanne, Hopfen, Sternwinde – das sind nur einige der rund 16 Pflanzen, die sich an den Netzen der Segel im Innenhof an einer speziellen Konstruktion der Senckenberganlage hochranken. Diese neue Art der mobilen Stadtbegrünung nennt sich „Verd˚-System“ und soll künftig das Stadtklima verbessern, für Schatten und Kühle sorgen. Erfunden haben es die beiden Start-up-Gründerinnen von „OMC˚C“ (Office for Micro Climate Cultivation), Nicola Stattmann und Carlotta Ludig.

„Hier an der Senckenberganlage steht in unserem Reallabor der Prototyp“, erzählt Stattmann.

Vor drei Jahren haben die beiden Frauen angefangen, sich mit dem Thema Stadtgrün auseinanderzusetzen. „Zunächst haben wir uns damit beschäftigt, welche Herausforderungen wir in der Stadt haben. Denn Bäume können oft nicht gesetzt werden, weil in Frankfurt unterirdisch S- und U-Bahn-Tunnel verlaufen“, berichtet sie. In einer Studie hatten sie gelesen, dass es in Städten wie Frankfurt zehnmal so viel Begrünung geben müsse, um die Folgen des Klimawandels abwenden zu können.

„Unser System sollte nicht in den verdichteten Bodenraum gehen, modular und flexibel sein, dazu noch pflegeleicht“, erzählt Ludig. Zunächst lief das Ganze als Forschungsprojekt an der Uni Kassel. Doch schnell wurde klar: Da müssen Experten her. Mit eingebunden wurden die Senckenberg-Gesellschaft und der Deutsche Wetterdienst (DWD) zur Forschung und Messung, die Gärtnerei Gaißmeier für die richtige Bepflanzung, die Firma Bollinger und Grohmann für die Statik, Diez Office für Design und Konstruktion, Just Architekten für die Stadt- und Raumplanung, Wurst Stahlbau für die Produktion und Montage der Elemente sowie der Textilzulieferer, die Karl Meyer Holding, die für die Produktion der Segelnetze zuständig ist.

„Das ganze Projekt ist sehr aufregend und aufreibend. Wir sind froh, dass alles geklappt hat. Wir sind gespannt auf die Messdaten, mit denen wir unter anderem den Einfluss auf die Biodiversität festhalten wollen“, sagt Ludig. Temperatur, Feuchtigkeit und Windstärke werden vom DWD ausgewertet, die Senckenberg-Gesellschaft nimmt sich die Biodiversität vor. Am Projekt beteiligt sich auch das Stadtklimareferat, das die Kosten für das Projekt zu 50 Prozent über „Frankfurt frischt auf“ fördert. Für 2024 ist die Serienproduktion vorgesehen, erste Aufträge sind bereits eingegangen.

Die Kosten für die mobile Beton-Stahlkonstruktion belaufen sich auf rund 48.000 Euro, in Serie soll dies günstiger werden. Hinzu kommt noch der Aufbau. Die Hängekörbe, in die die Pflanzen gesetzt und gesät werden, sind im 3-D-Drucker entstanden. Gepflanzt wird im Frühling, Wasser bekommen die Pflanzen über ein Tröpfchenbewässerungssystem, fünfmal am Tag für sieben Minuten. Es handelt sich um einjährige, schnell wachsende, rankende Pflanzen mit wenig Wurzelraum, die 200 Quadratmeter Grünfläche an den aus Hanf bestehenden Netzen bilden. Im Herbst, bevor die Blätter abfallen, werden die Pflanzensegel samt Netz abgehängt und wandern dann beispielsweise als Biomasse in die Energiegewinnung. Mit einem Schraubenschlüssel und per Kran können die Elemente auch an andere Orte gebracht werden. Denkbar sei so eine Begrünung an Plätzen, Fahrradwegen, Kitas, Schulen, Hinterhöfen und Bürogebäuden.

Stadträtin Rosemarie Heilig ist begeistert: „Ich beglückwünsche die beiden Frauen für ihren Mut. So könnten wir etwa die Hauptwache lebendiger und lebenswerter machen. Es wäre endlich ein Ersatz für Bäume. Ich hoffe, dass wir viele Plätze auf diese innovative Art bepflanzen.“

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