Verkehrsumfrage

Grafik 1: Straßeninfrastruktur: Die wichtigen Störfaktoren

Basis: Alle Unternehmen, deren Unternehmensabläufe durch den Straßenzustand beeinträchtigt werden, Angaben in Prozent. Quelle: HIHK.

Straße und Wirtschaft gehören im Main-Kinzig-Kreis eng zusammen

Der Lieferverkehr mit Kleintransporter oder Lkw sowie gut ausgebaute Straßen mit möglichst wenigen Baustellen – diese Aspekte sind den Unternehmen im Main-Kinzig-Kreis besonders wichtig.

Der Eisenbahn kommt derzeit keine große Bedeutung zu, da zu unflexibel und zu langsam. Mit Interesse wird zugleich die Entwicklung von alternativen Antrieben für Pkw und Lkw verfolgt. Das belegen die Antworten auf eine aktuelle Umfrage der Industrie- und Handelskammer (IHK) Hanau-Gelnhausen-Schlüchtern zur Güte der regionalen Verkehrsinfrastruktur.

Immerhin 134 Unternehmen aus dem Main-Kinzig-Kreis hatten sich an der gemeinsamen Umfrage aller hessischen IHKs beteiligt. Die Unternehmen konnten neben ihrer Bewertung zum Straßen- und Schienennetz sowie zum Luftverkehr auch Details über ihren eigenen Fuhrpark und zum innerbetrieblichen Engagement beim Umweltschutz angeben.

Straßeninfrastruktur bleibt der entscheidende Wettbewerbsfaktor

Mehr als 80 Prozent der Umfrageteilnehmer(30 Prozent kamen aus dem Groß- und Einzelhandel, 27 Prozent aus der Industrie, alle andere aus sonstigen Dienstleistungsbranchen) halten eine leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur für wichtig oder sehr wichtig. Der von Land und

Bund ausgegebenen Devise „Erhalt vor Neubau“ bei Straße und Schiene erteilen die Unternehmen indirekt eine Absage.

Die Wirtschaft plädiert dafür, beides, den Erhalt und den Neubau, als gleich wichtig zu behandeln. Das geben 74 Prozent der Unternehmen zu Protokoll. Über drei Viertel (81 Prozent) sehen zudem ihre Wettbewerbsfähigkeit durch Schäden wie Straßen-oder Brückensperrungen beeinträchtigt; zu viele Schlaglöcher monieren fast 59 Prozent. Die im Vergleich zur Politik andere Schwerpunktsetzung der Wirtschaft ist nachvollziehbar.

Autobahnen top, Landes- und Kreisstraßen verbesserungswürdig

Laut regionaler Umfrageauswertung bewerten die Unternehmen den Zustand der Bundesautobahnen mehrheitlich (65 Prozent) als eher gut, gut oder sehr gut (top 3). Die Bundesstraßen erhalten ebenfalls eine recht positive Benotung (top 3: 73 Prozent). Demgegenüber wird der Zustand der hessischen Landstraßen und der kommunalen Straßen als nicht befriedigend bewertet. Die Landesstraßen erhalten nur zu 48 Prozent eine eher positive Beurteilung, bei den kommunalen Straßen wird die Lage noch erheblich negativer angesehen (top 3: 29 Prozent; 71 Prozent eher schlecht, schlecht oder sehr schlecht).

 

Entsprechend diesen Einschätzungen erachtet eine Vielzahl der Unternehmen den Neu- und Ausbau von Bundesautobahnen als sehr wichtig (39 Prozent, jeweils die häufigste Nennung). Dies gilt insbesondere für den Riederwaldtunnel in Frankfurt. Ebenfalls befürwortet werden Baumaßnahmen auf Bundes- (48 Prozent) sowie Landesstraßen (46 Prozent). Über ein Drittel der Unternehmen befürwortet darüber hinaus Ortsumgehungen (37 Prozent).

 

Mit deutlicher Mehrheit, 83 Prozent, werden die Einführung von 30 km / h Höchstgeschwindigkeit flächendeckend in Städten oder eine Begrenzung auf Tempo 130 km / h auf Bundesautobahnen (65 Prozent) abgelehnt. Interessant: Immerhin knapp 30 Prozent der antwortenden Unternehmen plädiert für ein Tempolimit auf Bundesautobahnen.

 

Klimaretter Eisenbahn?

Nur noch wenige Unternehmen nutzen die Möglichkeit, Güter mit der Eisenbahn zu transportieren. Für 84 Prozent kommt dies derzeit nicht in Frage. Folglich wird dem Neu- und Ausbaus der Schieneninfrastruktur eine nur geringe Priorität eingeräumt. Die Unternehmen bewerten die Eisenbahn mit „nicht wichtig“ (37 Prozent, höchster Wert). Aus den Freitextantworten ergibt sich allerdings auch, dass einige Unternehmen sich durchaus vorstellen können, mehr Güter auf der Schiene zu befördern. Voraussetzung wären niedrigere Kosten und mehr Flexibilität bei der Bahn.

 

Hinsichtlich des Schienenpersonenverkehrs sind die Unternehmen sehr stark vom unzureichenden Fahrplanangebot (60 Prozent) beeinträchtigt sowie von Verspätungen und Zugausfällen (65 Prozent). Mitarbeiter und Kunden gelangen oft verspätet an ihr Ziel oder können das Unternehmen aufgrund eines unzureichenden, schlecht getakteten ÖPNV-Angebots überhaupt nur schwer mit dem Zug erreichen. Viele Unternehmen nutzen aus diesen Gründen den Zugverkehr ohnehin nicht mehr. Sie haben resigniert.

 

Dennoch werden zwei Bauprojekte der Bahn befürwortet: Die Nordmainische S-Bahn und der Ausbau der ICE-Strecke Hanau–Gelnhausen-Fulda werden diesbezüglich in den Freitextantworten genannt. So ganz haben die Unternehmen die Eisenbahn noch nicht aufgegeben.

 

Luftverkehr: Der Standortvorteil der Metropolregion FrankfurtRheinMain

Ein weiteres Ergebnis der Umfrage: Nur etwas mehr als die Hälfte der Unternehmen aus dem Main-Kinzig-Kreis nutzt den Frankfurter Flughafen für den Warentransport, hessenweit sind es etwa 36 Prozent. Der nahe Flughafen ist vornehmlich für Dienstreisen von Mitarbeitern (87 Prozent) sowie für den Austausch mit internationalen Geschäftspartnern (63 Prozent) interessant und wichtig. Die vergleichsweise hohen Transportgebühren des Flughafens für Waren dürften hier ausschlaggebend sein. Diese nehmen Unternehmen nur dann in Kauf, wenn sie hochwertige, eilige oder verderbliche Waren transportieren. Gleichwohl gilt: Die zentrale Lage des Flughafens Frankfurt / Main mitten in Deutschland und Europa ist und bleibt ein zentraler Standortvorteil für den Main-Kinzig-Kreis.

Sollte ein künftiger Ausbau des Flughafens zu veränderten Rahmenbedingungen führen, dürften sich diese recht zeitnah in den unternehmerischen Entscheidungen niederschlagen – aktuell bremst das Nachtflugverbot die Metropolregion und damit auch den Main-Kinzig-Kreis in seiner Wirtschaftsentwicklung tendenziell aus.

Das hat Konsequenzen: Weil der Frankfurter Flughafen aktuell als Transporthub wenig genutzt wird, hat er in dieser Funktion nur noch eine eher nachrangige Bedeutung für die Unternehmen. Dienstreisen „ja!“, Warentransport „nein!“ – so lautet die Losung in sehr vielen Unternehmen im Landkreis.

Umweltschutz ist selbstverständlich für die Unternehmen

Der betriebliche Umweltschutz ist für die Unternehmen auch im Verkehrsbereich ein wichtiges Thema: Der überwiegende Anteil (57 Prozent) der antwortenden Unternehmen hat bereits Maßnahmen zur Verbesserung umgesetzt. Hierunter fallen die Anschaffung leiser oder emissionsarmer Fahrzeuge (79 Prozent) oder ein betriebliches Mobilitätsmanagement, etwa Jobtickets (41 Prozent).

Weitere Ergebnisse: Alternative Antriebe werden momentan kaum genutzt. Wahrscheinlich fehlen entsprechende Angebote, es mangelt an Erfahrungswerten und vielfach ist die erforderliche Ladeinfrastruktur nicht vorhanden. Dennoch sind erste Unternehmen sehr engagiert die der Sache: Immerhin nutzen zehn Prozent der Unternehmen Elektroautos und weitere acht Prozent Plug-In Hybrid Fahrzeuge. Noch hemmen die hohen Kosten und eine zu geringe Reichweite die Anschaffung von Fahrzeugen mit alternativen Antriebsformen. Immerhin 23 Prozent der Unternehmen haben darüber hinaus ihren Fuhrpark auf Fahrzeuge der Euronorm 6 umgerüstet, um nicht von den möglicherweise anstehenden Diesel-Fahrverboten betroffen zu sein. Weitere 20 Prozent warten diesbezüglich noch ab, weil entweder die Gesetzeslage noch nicht überschaubar ist oder sie auf einen zeitnahen technologischen Durchbruch hoffen.

Die Befragung zeigt, dass die Verkehrswende gelingen kann. Der Gedanke des betrieblichen Umweltschutzes hat Eingang in die Unternehmensstrukturen gefunden und an Priorität gewonnen. Was noch fehlt, sind die nötigen Infrastrukturen, angefangen beim der Neu- und Ausbau von Straßen und Schienennetzen bis hin zu den Schnellladestationen für elektrische angetriebene Fahrzeuge. Die Bereitschaft der Unternehmen für einen Wechsel ist jedenfalls vorhanden.

Die Umfrage und ihre detaillierten Ergebnisse stehen online unter www.hanau.ihk.de/Verkehrsumfrage. Die Umfrage erfolgte in den Monaten April und Mai im Auftrag des Hessischen Industrie- und Handelskammertages (HIHK), Wiesbaden.

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